Botschaft von Murat Karayılan zum 15. August

Der 15. August sei nicht nur eine militärische Offensive gewesen, sondern der entscheidende Wendepunkt im Widerstand in Kurdistan um Existenz und Freiheit, erklärt Murat Karayılan zum Beginn des bewaffneten Kampfes der PKK vor 37 Jahren.

Der kurdische Fernsehsender Stêrk TV hat eine Videobotschaft von Murat Karayılan aus dem Exekutivrat der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) anlässlich des Beginns des bewaffneten Kampfes vor 37 Jahren veröffentlicht. Die Grußbotschaft Karayılans, der auch Oberkommandierender des zentralen HPG-Hauptquartiers ist, wurde pünktlich um 21 Uhr gesendet. Am 15. August 1984 fiel in diesem Moment in Nordkurdistan der erste Schuss der PKK.

„Der 15. August bildet eine goldene Seite in der Geschichte unseres Volkes. Geschrieben wurde dieses Heldenepos unter den selbstlosen Opfern unserer Gefallenen. Wir gedenken ihnen und unserem Weggefährten Egîd und bekräftigen unsere Verbundenheit ihnen und ihrem Kampf gegenüber. Wir werden ihre Waffen nicht niederlegen.

Die Offensive vom 15. August markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Kampf um Existenz und Freiheit in Kurdistan. Der 15. August war nicht nur ein militärischer Vorstoß, sondern eine allgemeine Offensive. Sie markierte den Beginn des Widerstands des kurdischen Volkes um sein Bestehen und gegen die Politik des Völkermords.

Die Auferstehung hat der gesellschaftlichen und demokratischen Revolution in Kurdistan erst Leben eingehaucht. Der 15. August ist ein Geist, eine charakteristische Art und Weise. Dieser Geist hat uns bis zum heutigen Tag geführt. Und mit ihm dauert unser Widerstand weiter an.“

Die gesamte Botschaft von Murat Karayılan:  

Der erste Schuss

Vor 37 Jahren fiel im nordkurdischen Dih (tr. Eruh) „der erste Schuss“ der PKK. Eine 36 Personen starke Guerillaeinheit, angeführt von dem legendären Kommandanten Mahsum Korkmaz – auch bekannt unter seinem Nom de Guerre Egîd („der Mutige“) – führte am 15. August 1984 den ersten Angriff gegen die türkische Besatzungsmacht durch. Für die Aktion, die als Beginn des bewaffneten Befreiungskampfes gilt, war eine Kaserne der Militärpolizei ausgewählt worden. Ein Wachsoldat und ein Offizier kamen ums Leben, Verluste der Guerilla gab es nicht.

Über den Lautsprecher einer Moschee wurde anschließend die Gründungserklärung der HRK (Hêzên Rizgarîya Kurdistan) verlesen. In dem Flugblatt der „Befreiungseinheiten Kurdistans”, wie sich die Guerilla in den ersten Jahren des bewaffneten Kampfes in Anlehnung an die zu Beginn des vietnamesischen Freiheitskampfes gebildete „Einheit zur Befreiung Vietnams“ nannte, hieß es: „Die HRK verfolgt das Ziel, den Kampf unseres Volkes um nationale Unabhängigkeit, eine demokratische Gesellschaft, Freiheit und Einheit unter Führung der PKK gegen den Imperialismus, den türkischen Kolonialfaschismus und ihre einheimischen Lakaien bewaffnet zu führen.” 

Gleichzeitig appellierte die Guerilla an „alle Revolutionäre und Demokraten aus der Türkei, das werktätige türkische Volk”, sich mit dem kurdischen Befreiungskampf zu vereinen, denn „jeder Schlag, den die HRK dem Kolonialfaschismus versetzt, ist gleichzeitig ein Schlag gegen den Faschismus in der Türkei.” Nach der Verlesung des Flugblattes setzten die Kämpfer das Postamt und das Justizgebäude in Brand. Kommandant Egîd sprach zu den gefangenen Soldaten: „Richtet eure Waffen nicht gegen das Volk und seine bewaffneten Kräfte, sondern gegen eure Vorgesetzen, die Offiziere. (…) Es entspricht dem Charakter der türkischen Armee, die Gefangenen zu foltern und zu töten. Von dieser Rede und dem, was ihr erlebt habt, müsst ihr auch den andere Soldaten erzählen.” Anschließend wurden die Soldaten freigelassen. Bei ihrem Rückzug beschlagnahmte die Gruppe einen LKW zum Abtransport der zahlreichen in der Kaserne erbeuteten Waffen. In Şemzînan (Şemdinli) in der Provinz Colemêrg (Hakkari) beschossen Guerillakämpfer den Militärstützpunkt mit Maschinengewehren und Raketen und töteten oder verletzten dabei mehrere Soldaten.