Sicherheitskräfte des Asayisch haben in der südkurdischen Stadt Dihok das Büro des oppositionellen Nachrichtensenders NRT geschlossen. Der Sender mit Sitz in Silêmanî (Sulaimaniyya) hatte vor zwei Tagen in der Gemeinde Şîladizê (Shiladze) nahe der Stadt Amêdî (Amediye) Proteste gegen türkische Luftangriffe auf Südkurdistan übertragen. Allein in der vergangenen Woche starben dort sechs Zivilisten infolge von Luftschlägen auf die Region.
Bei den Protesten in Şîladizê wurde auch ein Kamerateam von NRT festgenommen, das die Proteste dokumentierte. Die aufgebrachte Bevölkerung hatte den türkischen Militärstützpunkt Sire gestürmt. Bei dem Aufstand durchbrachen Demonstranten die Absperrungen, setzten Waffen- und Munitionsdepots sowie Militärfahrzeuge in Brand und tanzten auf Kampfpanzern. Türkische Soldaten wurden mit Steinen beworfen und mussten fliehen. Zwei Soldaten, die in die Gewalt der Demonstranten gerieten, wurden den Peschmerga übergeben. Wenig später eröffneten Soldaten das Feuer auf die protestierende Menschenmenge. Zwei Demonstranten, darunter auch ein 13-Jähriger, starben bei dem Beschuss. Ein weiterer Zivilist erlitt nach Angaben der Nachrichtenagentur RojNews am Rande der Proteste einen tödlichen Herzinfarkt, als Kampfjets der türkischen Luftwaffe im Tiefflug über Şîladizê kreisten.
Mindestens 23 zivile Luftangriffsopfer in drei Jahren
Neçirvan Barzanî, Präsident der föderalen Region Kurdistan (KRG), rechtfertigte unterdessen türkische Angriffe auf die Zivilbevölkerung seines Landes. Es sei die PKK, die mit ihrer Anwesenheit in Südkurdistan den Tod von Zivilisten zu verantworten habe, sagte Barzanî am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Hewlêr. Die Stadt Amêdî wird regelmäßig von der türkischen Luftwaffe bombardiert. Allein in den letzten drei Jahren starben dort mindestens 23 Zivilisten nach türkischen Luftschlägen. Die Kleinstadt liegt im Gouvernement Dihok, das als Hochburg der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) gilt. Deren Präsident ist seit 1979 Mesud Barzanî, Onkel des KRG-Präsidenten Neçirvan Barzanî.
Barzanî: Demokratie und Freiheit haben Grenzen
Auf die Frage eines Journalisten, weshalb es zu den Festnahmen der NRT-Reportern kam, sagte Barzanî: „Demokratie und Freiheit haben ihre Grenzen. Für uns ist die Sicherheit der Bürger wichtiger als Dinge, über die gesprochen wird. Manchmal werden Grenzen überschritten. Wenn dies geschieht, wird sich die KRG streng mit solchen auseinandersetzen, die die Sicherheit der Region Kurdistan umgehen wollen, sei es eine Gruppe oder ein Sender. Sowas werden wir nicht akzeptieren“.
Zuständiges Ministerium: Keine Kenntnis über Schließung
Das Ministerium für Kultur und Jugend, das für solche Angelegenheiten zuständig ist, gab an, über die Schließung des NRT-Büros nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein. „Die Entscheidung, das NRT-Büro in Dihok zu schließen, kam nicht von uns. Wir wurden auch nicht gebeten, die Schließung durchzuführen”, sagte Farhang Gomashini, Sprecher des Ministeriums für Kultur und Jugend, gegenüber NRT. „Der Asayisch hat andere Pflichten zu erfüllen, die Schließung eines Senders oder TV-Büros gehört nicht in das Aufgabenfeld”, fügte er hinzu.