Angehörige kämpfen seit zwei Jahren um Leichnam von Şoreş Andok

Seit zwei Jahren versuchen die Angehörigen des HPG-Kämpfers Şoreş Andok, dessen Leiche von den türkischen Behörden zu erhalten. Hanım Kaya, die Schwester des Gefallenen, sagt: „Der Staat macht mit den Leichen unserer Angehörigen Politik.“

Die Angehörigen des Guerillakämpfers Şoreş Andok (Kasım Kaya) bemühen sich seit zwei Jahren darum, die Leiche des Gefallenen ausgehändigt zu bekommen. Kaya stammte aus Wan und kämpfte neun Jahre lang in den Reihen der Volksverteidigungskräfte (HPG), bis er am 21. Juli 2021 bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in der Nähe von Panos (tr. Patnos) in der Serhed-Region ums Leben kam.

Obwohl seine Familie seit mehr als zwei Jahren alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft hat, um Kayas Leichnam zu erhalten, verweigern die Behörden weiterhin die Herausgabe der sterblichen Überreste. Hanım Kaya, die Schwester von Kasım Kaya, sprach mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya über ihren Kampf. Kaya erklärte, sie habe aus den Nachrichten vom Tod ihres Bruders erfahren. Daraufhin habe sich die Familie an die Staatsanwaltschaft gewandt und eine DNA-Probe abgegeben, um die Identität des Toten festzustellen und die Herausgabe des Leichnams zu gewährleisten. Sie sagte: „Nach dem DNA-Test erhielten wir über ein halbes Jahr lang keine Informationen. Dann wandten wir uns erneut an die Staatsanwaltschaft, die uns mitteilte, dass der Umschlag mit dem Ergebnis des DNA-Tests verdächtig sei, da er offen angekommen sei. Deshalb wurden wir erneut zu einem Test aufgefordert. Im Jahr 2022 haben wir den Test erneut durchgeführt. Wir haben immer noch keine Antwort erhalten.”

Diese Politik ist vorsätzlich, um Familien in Trauer zu zermürben“

Kaya erklärte, dass sie sich ständig mit Anträgen an die Staatsanwaltschaft Ağrı (ku. Agirî) gewandt habe, die jedoch immer unbeantwortet blieben. Sie fügte hinzu: „Auf unser Drängen hin wurde uns mitgeteilt, dass der DNA-Test in Bursa durchgeführt wurde und das Ergebnis bereits vorläge. Wenn wir uns jedoch an die Staatsanwaltschaft in Ağrı wenden, sagen sie weiterhin, dass sie kein Ergebnis hätten. Wir warten weiter.“

Kaya sieht in diesem Vorgehen Absicht: „Sie wollen, dass die Familie die ganze Zeit auf die Leiche wartet. Sie halten die Leichen absichtlich zurück, damit die Trauer der Familie länger anhält und sie zermürbt wird. Dafür gibt es keine andere Erklärung. Aus menschlicher Sicht ist das inakzeptabel. Diese Praxis hat in keiner Religion einen Platz. Wenn ein Mensch sein Leben verliert, ist alles aufgehoben. Dieses Vorgehen ist unverzeihlich, nichts anderes.“

Der Staat nutzt die Leichen für seine Interessen“

„Der Staat nutzt die Leichen für seine politischen Interessen und quält die Angehörigen“, betonte Kaya und fuhr fort: „Familien dürfen nicht einmal ihre Kinder beerdigen und Kondolenzfeiern abhalten. Die Regierung behauptet, dass dies ein muslimischer Staat sei, aber der Islam lehnt das, was sie tut, ab. Als Familie haben wir nur eine einzige Forderung. Wir wollen unseren Verstorbenen. Ja, es sind bereits zwei Jahre vergangen, aber wir werden nicht aufgeben, auch wenn zehn Jahre vergehen. Die Regierung mag vielleicht glauben, dass die Familie es vergisst, wenn die Zeit vergeht und sie uns die Leiche nicht aushändigt, sondern auf einem anonymen Friedhof begräbt. Aber unser Bruder ist kein Toter ohne Angehörige. Er hat eine Familie, und wir werden ihn nie aufgeben. Viele Familien befinden sich in ähnlicher Situation. Mein Appell an sie lautet: Gebt niemals auf und holt die Leichen eurer Kinder.“

Die türkische Nekropolitik

Der türkische Staat betrieb bereits seit den 1990er Jahren Nekropolitik gegen die kurdische Gesellschaft, indem er die Körper von Gefallenen instrumentalisierte. Leichen wurden verstümmelt, zerstückelt oder öffentlich zur Schau gestellt. Seit dem Abbruch des Friedensprozesses durch die türkische Regierung im Jahr 2015 hat eine neue Ära der Nekropolitik begonnen. Beerdigungen von Kämpfer:innen, an denen vor 2015 Tausende und oft sogar Hunderttausende teilnahmen, wurden durch massive Polizeieinsätze zu kleinen Veranstaltungen im Polizeikessel, an denen höchstens zehn Familienmitglieder teilnehmen können. Gleichzeitig werden die Leichen von Gefallenen häufig erst nach langen Fristen freigegeben. Die sterblichen Überreste wurden auch oft bereits in anonymen Gräbern beerdigt und müssen exhumiert werden, was eine weitere Schikane für die Familien darstellt. Der Staat geht jedoch noch weiter, indem er Pakete mit den Knochen von Gefallenen an die Angehörigen verschickt oder die Überreste einfach an unwürdigen Orten verscharrt. Die exemplarische Bestrafung endet nicht mit dem Tod. Das Vorgehen zielt darauf ab, den Widerstandsgeist der Gesellschaft zu brechen.