Şirnex: Schweizer Wahlbeobachtern Zugang zu Stimmlokalen verweigert

Einer Reisegruppe aus der Schweiz, die auf Einladung der HDP und YSP in der kurdischen Provinz Şirnex die Wahlen beobachten wollte, ist der Zugang zu Stimmlokalen durch Polizei und Militär verweigert worden. Die Betroffenen berichten von Diskriminierung.

In der kurdischen Provinz Şirnex ist Wahlbeobachtern aus der Schweiz der Zugang zu mehreren Wahllokalen verweigert worden. Das meldet die kurdische Nachrichtenagentur Mezopotamya. Bei den Betroffenen handelt es sich nicht um eine offizielle Wahlbeobachtungsdelegation, sondern um eine Reisegruppe, die auf Einladung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Grünen Linkspartei (YSP) die Wahlen beobachten sollte. In insgesamt sieben Wahllokalen in verschiedenen Regionen der Provinz hätten die Mitglieder der Gruppe versucht, die Stimmabgabe zu beobachten, seien jedoch überall an Polizei, Gendarmerie und Armeeangehörigen gescheitert. Am Sonntag haben in der Türkei die Wahlen für ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten stattgefunden, seit 16 Uhr findet die Stimmenauszählung statt. Erste Hochrechnungen dürften in der nächsten Stunde bekannt gegeben werden.

Wahlen waren weder fair noch demokratisch

„Die allererste Feststellung des Wahltags lautet daher: Diese Wahlen waren weder fair noch demokratisch“, äußerte Tobias Schnebli im Namen der Reisegruppe gegenüber Mezopotamya. Schnebli beklagt eine massive Militärpräsenz, die an allen Wahllokalen in Şirnex sichtbar gewesen sei. „Ob durch Polizisten, Soldaten oder Gendarmen – an jedem Stimmlokal, das wir aufgesucht haben, sind wir umgehend abgewiesen worden. Uns gelang es noch nicht einmal, in die Vorhöfe der Schulen, die als Wahllokale genutzt wurden, zu kommen“, betont Schnebli. Für eine demokratische Abstimmung sollte nur die Polizei am Wahltag im Einsatz sein, wozu brauche es schwerbewaffnete Angehörige der türkischen Streitkräfte vor und in den Wahllokalen, will Schnebli wissen. Dieses Bild gebe Anlass zur Besorgnis.

Mitglieder der schweizerischen Reisegruppe | Foto: MA

Darüber hinaus kritisiert die schweizerische Delegation Diskriminierung durch türkische Sicherheitskräfte. „Was wollt Ihr hier, verschwindet nach Syrien“, habe es unter anderem geheißen, berichtet Schnebli. Außerdem sei die Gruppe auf eindeutige Hinweise gestoßen, die auf Unregelmäßigkeiten oder möglicherweise auf Manipulationen hindeuten. „Diese Beobachtungen machte nicht nur unsere Delegation, sondern auch verschiedene andere Wahlbeobachtungsgruppen, denen gleichermaßen der Zutritt in die Wahllokale verweigert worden ist.“ Schnebli kündigte an, in den nächsten Tagen einen umfassenden Bericht zu veröffentlichen.

Wähler:innen in Cizîr von Schulhöfen verwiesen

Wie außerdem aus der zu Şirnex gehörenden Kreisstadt Cizîr (Cizre) gemeldet wird, sind zahlreiche Menschen, die sich während der Stimmenauszählung im Gartenbereich mehrerer Wahllokale aufhielten, von der Polizei gewaltsam vertrieben worden. Die Vorfälle ereigneten sich unter anderem in den Grundschulen Menderes, Vatan und Fatih. Im Hof der der Istiklal-Grundschule wartende Menschen wurden unter dem Einsatz von Pfefferspray vom Gelände verwiesen. Die Lage ist weiter angespannt.

Polizei, Gendarmen und Panzerfahrzeuge in und vor den Wahllokalen 

Strategische Provinz

Dıe Provinz Şirnex liegt im Dreiländereck mit Irak und Syrien und grenzt im Süden an die Kurdistan-Region Irak (Südkurdistan) – und damit an die von der Guerilla kontrollierten Medya-Verteidigungsgebiete. Die türkische Armee betreibt in Şirnex eine Reihe wichtiger Militärstützpunkte und logistischer Ausgangsbasen, die an zentraler taktischer Stelle der Südgrenze hochgezogen wurden – und sich direkt gegenüber den Guerillagebieten Zap und Metîna befinden.