Die Wahllokale in der Türkei haben um 17 Uhr Ortszeit (16 Uhr mitteleuropäischer Zeit) geschlossen. Die Auszählung der Stimmen für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hat begonnen, erste Hochrechnungen werden bereits in der kommenden Stunde erwartet.
Das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit (Civaka Azad) in Berlin hat eine erste Einschätzung des Wahlablaufs veröffentlicht. „Über den Tag hinweg wurde von vielen Wahlmanipulationen in kleinerem Umfang berichtet. So wurde vielerorts gemeldet, dass Wahlzettel bereits gestempelt waren, als sie verteilt wurden. Auch ungültige Zettel wurden verteilt und mehrere Tausend Menschen wurden am Wählen gehindert, da sie ohne ihres Wissen zu Wahlhelfer:innen durch die Vatan Partei benannt wurden oder weil ihnen kein Stimmzettel ausgehändigt wurden, da ihre Namen sich angeblich nicht auf den Listen befänden“, teilt Civaka Azad mit.
Darüber hinaus seien zahlreiche Verstöße gegen das in der Türkei übliche 24-stündige „Propagandaverbot", insbesondere seitens der AKP sowie der MHP, festgehalten worden: „Wähler:innen erhielten beispielsweise SMS-Nachrichten von Kandidat:innen oder ihnen wurden noch vor den Wahllokalen Geschenke oder Werbung der jeweiligen Parteien verteilt.
Die hohe Präsenz von Militär und Polizei – insbesondere in mehrheitlich kurdischen Provinzen – war sehr auffällig und hat zu einer starken Einschüchterung der Gesellschaft beigetragen, wie mehrfach von Wahlbeobachter:innen dokumentiert wurde. Auch mehrere kleine gewaltsame Zusammenstöße in Wahllokalen, meist ausgehend von AKP-Anhänger:innen, wurden gemeldet und Videos sowie Bilder im Internet verbreitet.“
Zusammengefasst seien „die sogenannten Schicksalswahlen in der Türkei und Nordkurdistan zwar bisher deutlich friedlicher abgelaufen sind als befürchtet, doch sind sie noch nicht zu Ende. Insbesondere in den kommenden Stunden dürfte die Stimmung sehr angespannt bleiben. In diesem Sinne gab das deutsche Konsulat in Istanbul auch eine interne Warnung heraus. Von einem eindeutigen Wahlausgang ist vorerst nicht auszugehen.“
Civaka Azad berichtet in einem eigenen Liveblog weiter über den Verlauf des Wahltags.