1623 Tage Ausnahmezustand in Wan

In Wan hält der nach dem Putschversuch 2016 erlassene Ausnahmezustand bis heute faktisch an. Seit 1623 Tagen herrscht absolutes Aktivitätsverbot im öffentlichen Raum.

In der nordkurdischen Provinz Wan hält der nach dem Putschversuch 2016 erlassene Ausnahmezustand bis heute faktisch an. Es herrscht ein absolutes Aktivitätsverbot im öffentlichen Raum, das alle 15 Tage wegen vermeintlicher „Sicherheitsbedenken“ durch den Gouverneur der unter Zwangsverwaltung stehenden HDP-Hochburg verlängert wird. Jegliche politische, soziale oder kulturelle Aktivitäten sind den rund 1,2 Millionen Einwohner:innen damit nicht möglich.

Erstmalig waren am 21. November 2016 alle öffentlichen Versammlungen in Wan verboten worden. Die Maßnahme gilt in der Praxis jedoch nur für die demokratische Opposition und kurdische Organisationen, nicht aber für Islamisten und AKP-Anhänger. Seit der Absetzung der Ko-Bürgermeister:innen (HDP) im Jahr 2019 wird die gleichnamige Provinzhauptstadt von einem staatlichen Treuhänder verwaltet. Durch Versammlungsverbote und eine extreme Militarisierung der Region soll jegliche oppositionelle Regung im Keim erstickt werden.

Zahlreiche Klagen abgewiesen

Gegen diese Verbotspraxis hat die Anwaltskammer von Wan bisher 15 Mal vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Die letzte Beschwerde wurde im März eingereicht. Die Jurist:innen begründen ihre Klagen damit, dass ein generelles Verbot für Demonstrationen, Kundgebungen, Informationsstände, die Abgabe von Pressemitteilungen und ähnlicher Aktivitäten im öffentlichen Raum sowohl gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EKMR) als auch gegen die türkische Verfassung verstoßen. Alle Klagen dagegen sind bislang abgewiesen worden.