„Wir werden das ganze Dorf niederbrennen“

Pêçar ist eines der Dörfer in Nordkurdistan, die von türkischen Militärs belagert und bedroht werden. Wohnhäuser wurden beschossen, drei junge Männer misshandelt und festgenommen. Das Vorgehen erinnert an die Gräueltaten in den 1990er Jahren.

Kurdistan wird entvölkert

Die Mitte September in Amed-Licê (tr. Diyarbakir-Lice) eingeleitete Militäroperation der türkischen Armee wird fortgesetzt. Im Zuge der Luft- und Bodenangriffe kam es zu einem Gefecht, bei dem die Guerillakämpfer Hebûn Pîro und Botan Osyan gefallen sind. Wie die Tageszeitung Yeni Özgür Politika berichtet, sollen auch zwei bei der Operation eingesetzte Dorfschützer schwer verletzt worden sein. Das Dorf Pêçar (Güldiken) steht weiterhin unter militärischer Belagerung. Die Bewohner:innen wurden angegriffen und bedroht. Drei junge Männer sind festgenommen worden, zwei Wohnhäuser wurden beschossen. In den Gärten der Dorfbevölkerung sind große Schäden entstanden.

Fotofallen und Kameras installiert

Wie eine ortsansässige Quelle der YÖP mitteilte, werden Menschen beim Betreten und Verlassen des Dorfes von Militärs kontrolliert. Die festgenommenen Männer wurden bei der Festnahme misshandelt und beleidigt. Am Ortseingang und in den umliegenden Gärten sind von der Armee Fotofallen und Überwachungskameras installiert worden.

Serhat Eren: Wie in den 1990er Jahren

Der DEM-Abgeordnete Serhat Eren hat Pêçar besucht und mit Dorfbewohner:innen gesprochen. Er berichtete, dass er und seine Begleitpersonen bei der Anfahrt verfolgt wurden und im Dorf Drohgebärden schwer bewaffneter Militärs ausgesetzt waren. Zwei Häuser seien zuvor beschossen worden, der Bevölkerung sei von Soldaten gedroht worden, das ganze Dorf niederzubrennen.

Eren betonte, dass die Menschen das Dorf trotz der akuten Gefahr nicht verlassen haben. Die Militäreinsätze in der letzten Zeit zielen nach Auffassung des DEM-Abgeordneten darauf ab, die Dörfer in Kurdistan zu entvölkern. Diesem Zweck diene auch die Zerstörung landwirtschaftlicher Anbauflächen und die Bedrohung der Bevölkerung. „Die Menschen sollen eingeschüchtert und aus den Dörfern vertrieben werden. Genau das soll jetzt auch in Pêçar geschehen“, sagte der Politiker. Das Vorgehen sei eine Wiederholung der Gräueltaten in den 1990er Jahren, in denen Tausende kurdische Dörfer niedergebrannt wurden.

Mit Krieg kann die kurdische Frage nicht gelöst werden

Der DEM-Abgeordnete Serhat Eren ist zugleich Rechtsanwalt und kündigte eine Strafanzeige gegen das Militär an. „Gegen die Menschen im Dorf sind ernste Straftaten begangen worden. Es wird zu verhindern versucht, dass über das Geschehen in den Medien berichtet wird. Wir werden dem nicht schweigend zusehen. In der letzten Zeit hat es viele ähnliche Vorfälle gegeben. Mit dieser Sicherheitspolitik und Krieg kann die kurdische Frage nicht gelöst werden. Wir haben etliche Male gesagt, dass Krieg keine Lösung ist. Das werden wir auch weiterhin überall zur Sprache bringen.“

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