Tausende Menschen beim kurdischen Festival in Frankfurt

Unter dem Motto „Isolation und Besatzung zerschlagen – Freiheit für Abdullah Öcalan“ haben tausende Menschen auf dem Frankfurter Rebstockgelände das 32. Internationale Kurdische Kulturfestival gefeiert.

32. Ausgabe des Internationalen Kulturfestivals

Unter dem Motto „Isolation und Besatzung zerschlagen – Freiheit für Abdullah Öcalan“ haben tausende Kurdinnen und Kurden aus Deutschland und dem europäischen Ausland am Samstag auf dem Frankfurter Rebstockgelände das 32. Internationale Kurdische Kulturfestival gefeiert. Seit 1992 veranstaltet die kurdische Exil-Community das jährliche Festival mit dem Ziel, einen Einblick in die kurdische Kultur zu schaffen und ihre Forderungen sichtbar zu machen: eine politische Lösung für die bis heute ungelöste Kurdistan-Frage mit dem PKK-Begründer Abdullah Öcalan als Verhandlungspartner.


Das Festival, das wie bereits im letzten Jahr von der Demokratischen Föderation der Gesellschaften Kurdistans e.V. (KAWA) veranstaltet wurde, startete am späten Vormittag mit Eröffnungsreden auf der Großbühne. Engin Sever wies als Ko-Vorsitzender des Dachverbands kurdischer Vereine in Europa (KCDK-E) darauf hin, dass das Festival ein weiterer Höhepunkt der im Oktober 2023 initiierten Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“ sei. „Wir wollen ein politisches Signal setzen“, sagte er mit Blick auf die Untätigkeit der europäischen Staaten hinsichtlich der auf Krieg und Besatzung basierenden Politik der Türkei in Kurdistan und der Isolation auf der Gefängnisinsel Imrali, auf der sich Abdullah Öcalan seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia im Jahr 1999 in fast völliger Isolation befindet. Seit einem kurzen Telefonat mit seinem Bruder im März 2021 gibt es keinerlei Kontakt zu dem kurdischen Vordenker. Doch obwohl Institutionen wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), das Antifolterkomitee des Europarats (CPT) und auch der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen mehrfach feststellten, dass auf Imrali ein Foltersystem praktiziert wird, das illegale Incommunicado-Haft beinhaltet, gibt es keinerlei Konsequenzen für Ankara. „Diese Untätigkeit der internationalen Institutionen stellt zusammen mit der anhaltenden Isolationshaft Abdullah Öcalans das größte Hindernis für eine Lösung der kurdischen Frage dar. Die türkische Regierung fühlt sich nicht an die Menschenrechte gebunden und hält im Interesse des eigenen Machterhalts an ihrem Kriegskonzept gegen das kurdische Volk fest“, so Sever.


Neben weiteren Reden von Vertreter:innen kurdischer Einrichtungen sprachen auch „internationale Stimmen“ auf der Bühne. Es waren Gäste, die seit langem dem kurdischen Volk eng verbunden sind und sie in ihrem Kampf um politische Anerkennung und Autonomie unterstützen. So erinnerte der Linken-Politiker Jan van Aken in seinem Grußwort an die unmenschlichen und gegen internationales Recht verstoßenden Haftbedingungen Abdullah Öcalans und forderte eine Lösung der kurdischen Frage ein. Der aus Ankara angereiste kurdische Politiker Keskin Bayındır, der für die DBP im türkischen Parlament sitzt, wies auf die Rolle Europas bei der Verschleppung Öcalans hin und attestierte den Ländern eine Mittäterschaft bei der Isolation auf Imrali und der bis heute andauernden „Entrechtung des kurdischen Volkes“. Man müsse die Augen für das demokratische Potential der Kurdinnen und Kurden, ihrer politischen Vertretung und Organisationen öffnen, statt die Rolle des Mitschuldigen beim antikurdischen Vernichtungsfeldzug des türkischen Staates aufrechtzuerhalten. Bayındır würdigte im Besonderen die Haltung der Exil-Kurd:innen, die aller Repression zum Trotz an ihrem Widerstand für die Sache Kurdistans festhalten.

Wie immer gab es beim diesjährigen Festival auch wieder diverse musikalische Beiträge. Ein Höhepunkt war der Auftritt der Rastak Music Group, die Volkslieder aus verschiedenen Kulturen im Iran neu interpretiert. Rastak bezieht in ihren Liedern die jeweilige Sprache, Kultur und Geschichte mit ein und verbindet traditionelle Instrumente mit modernen Arrangements. Die 1997 als experimentelle Musikgruppe gegründete Band ist international bekannt und tritt unter anderem mit kurdischen, persischen und aserbaidschanischen Liedern auf.


Darüber hinaus führten Tanzgruppen Choreographien aus den unterschiedlichen Regionen Kurdistans auf, außerdem performten Musiker:innen wie Hozan Zozan, Ruken Yılmaz, Hozan Kawa und Bilind Ibrahim. Auch Percussion- und Folkloregruppen traten auf und sorgten für gute Stimmung auf dem Gelände. Auf dem Festplatz waren zudem zahlreiche kurdische Organisationen, revolutionäre türkische Kräfte sowie internationalistische Gruppen und Initiativen vertreten, gut sichtbar mit ihren Informations- und Verkaufsständen, außerdem etliche Vereine, die Bücher, Zeitschriften, CDs und allerlei Köstlichkeiten verkauften und ihre Projekte vorstellten sowie Informationsmaterial zu Gesellschaft, Kultur und Wandel in Kurdistan anboten. Ergänzt wurde dieses Angebot durch eine Ausstellung mit nachgebauten Miniaturen von Kulturdenkmälern aus Mesopotamien und einem Zelt, das die traditionelle Lebensweise von Kurdinnen und Kurden und ihre Trachten zeigte. Auf großes Interesse stieß der „Kobanê-Stand“, auf dem Fotos der im sogenannten Kobanê-Verfahren in der Türkei zu langen Haftstrafen verurteilten Politikerinnen und Politiker der HDP zu sehen waren, so etwa die früheren Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş. In einem Kinderzelt konnten kleine Besucherinnen und Besucher basteln, malen und spielen und Theater schauen.

Den abschließenden Höhepunkt bildeten Botschaften der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) und der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK). Die Dachverbände der kurdischen Frauenbewegung und Befreiungsbewegung im Allgemeinen betonten, wie wichtig es für die Existenz eines unterdrückten Volkes sei, die eigene Muttersprache zu fördern und seine Kultur zu praktizieren. Sie riefen dazu auf, die Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“ auszuweiten und den Weg zu einem „Frieden in Würde“ zu ebnen.