Der Rat der kurdischen Gesellschaft in Österreich (FEYKOM) hat seinen traditionellen Newroz-Empfang im Festsaal des Wiener Rathauses veranstaltet. Mit etwa 200 geladenen Gästen und einem beeindruckenden Programm wurde Newroz begangen - zum einen als Neujahrstag und zum anderen als Symbol des Widerstands gegen Unterdrückung.
Die Gastgeber durften viele Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Landes- und Bundespolitik, die Botschafter Japans, Italiens, Irlands und Tschechiens, Delegierte der Autonomieregierung Kataloniens, Beauftragte verschiedener Institutionen und NGOs sowie zahlreiche Medienschaffende als Ehrengäste begrüßen. Dem Empfang wohnten auch die frühere Bürgermeisterin von Cizîr, Leyla Imret, und Adem Uzun vom Nationalkongress Kurdistan (KNK) bei.
„Newroz ist der Tag des Widerstands“
Seit inzwischen 2635 Jahren wird am 21. März Newroz oder Nouruz als Neujahrs- und Frühlingsfest im Mittleren und Nahen Osten, auf der Balkanhalbinsel, in der Schwarzmeerregion, im Kaukasus und in Zentralasien gefeiert. Newroz bedeutet „neuer Tag“, symbolisiert aber auch den Frühlingsanfang. Zugleich hat das Fest für viele Menschen eine große politische Bedeutung, besonders in Kurdistan. Der kurdischen Mythologie nach haben sich die Menschen in Kurdistan an Newroz der Herrschenden entledigt und sich aus der Tyrannei befreit.
Auf diese Tradition, die bis heute ein wichtiges Element der kurdischen Gesellschaft und vieler weiterer Völker darstellt und die Bestrebungen für Frieden, Freiheit und Demokratie symbolisiert, ging auch Jina A. bei der Eröffnungsrede ein. „Newroz ist der Tag des Widerstands“, sagte sie und stellte die Ehrengäste vor. Der Empfang wurde sodann von Reden und Botschaften geprägt.
Die grüne Nationalrätin Ewa Ernst-Dziedzic etwa betonte Verantwortung der AKP-Regierung für das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe vom 6. Februar in der Türkei und sprach die Diskriminierung von Kurdinnen und Kurden bei Hilfsgütern, Nothilfen und der Bergung von Erdbebenopfern an. „Wir dürfen das in Österreich und Europa nicht dulden“, forderte sie. Gemeinderätin Şafak Akçay (SPÖ) fügte hinzu, dass auch die alevitische Bevölkerung im Katastrophengebiet staatliche Diskriminierung beklagt.
Fotos: Christopher Glanzl
„Kurdistan muss ein Thema bleiben“
SPÖ-Menschenrechtssprecher Harald Troch setzte ein klares Statement zur Repression und Unterdrückung der Gesellschaften in der Türkei: „Wien ist eine Stadt der Menschenrechte und muss eine sichere Stadt sein für die Menschen, die zu uns kommen. Und Kurdistan muss ein Thema bleiben.“ Weiter sagte Troch: „Nouruz ist das Ende des Winters. Der Winter steht für Kälte und Dunkelheit. Und Kälte und Dunkelheit sind die Präsidenten und Diktatoren, die im Nahen Osten den Ton angeben. Ich wünsche mir, dass dieses Nouruz-Fest das letzte von Chamenei und den Mullahs im Iran ist. Ich wünsche mir, dass dieses Nouruz-Fest das letzte für den Diktator in Istanbul und Ankara wird.“
Saya Ahmad, Kommunalpolitikerin für die SPÖ, würdigte alle Kurdinnen und Kurden, die derzeit für ihre Freiheit und ihre Selbstbestimmung kämpften. Im Besonderen erinnerte sie an die Frauen und Mädchen in Ostkurdistan und Iran, die mit ihrer „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution seit inzwischen sechs Monaten Widerstand gegen das klerikal-faschistische Mullah-Regime leisten. Dass dieser Kampf von Kurdinnen angeführt werde, überrasche sie aber nicht. „Wir sind sehr geübt im Widerstand“, sagte Ahmad, die in Kerkûk geboren wurde.
Leyla Imret ging auf die politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Dimensionen der vom türkischen Staat betriebenen Konfliktpolitik ein und betonte, die Intensivierung des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung bedeute auch immer, dass sich die Repressionsschlinge gegen die HDP weiter zuziehe. Adem Uzun sprach sich dafür aus, dass das nächste Newroz in Kurdistan begrüßt werden sollte.
Musikalisches Erlebnis mit Klängen der Def
Der kurdische Künstler Hamid und sein Ensemble sorgten im Anschluss an die Reden für ein musikalisches Erlebnis mit Klängen der Def (auch Daf) und Gesang aus Rojhilat (Ostkurdistan). Der kurdische Begriff „Def“ steht für die Rahmentrommel, ein traditionelles Schlaginstrument mit einer über 4000-jährigen Geschichte, deren kulturelle Wurzeln bis nach Mesopotamien zurückreichen. Die Symbiose von individuellen Stilistiken und traditionellen Aspekten des Ensembles lud zu ausgelassenen Govend-Tänzen ein, auf die ein Auftritt des bekannten Sängers Şîvan Perwer folgte. Der Meister präsentierte, begleitet von Hamid, seinen beliebten Song „Hoy Nazê“.
Der Abend in Wien spiegelte die Wichtigkeit dar, Weltoffenheit im Alltag zu leben und kulturelle Vielfalt als einen großen Schatz zu begreifen. Die Gäste waren begeistert und freuen sich auf ein Wiedersehen.