Wiener Gemeinderat verurteilt Giftgasangriff auf Helebce als Völkermord

Der Wiener Gemeinderat hat den Giftgasangriff auf die kurdische Stadt Helebce einstimmig als Völkermord anerkannt. „Ein historischer Moment in der österreichischen Politikgeschichte“, betont Berivan Aslan, auf deren Initiative die Resolution zurückgeht.

Der Wiener Gemeinderat hat den Giftgasangriff auf die kurdische Stadt Helebce am 16. März 1988 als Völkermord anerkannt. Damit verpflichtet sich die österreichische Menschenrechtsstadt, die Erinnerung an die Opfer des Komkujiya Helebceyê, wie die kurdische Gesellschaft den Massenmord vor 35 Jahren nennt, aufrechtzuerhalten und jegliche Versuche, diese Gräueltaten zu relativieren, zu unterbinden.

„Das ist ein historischer Moment in der österreichischen Politikgeschichte“, sagte die kurdischstämmige Wiener Gemeinderätin Berivan Aslan (Grüne), auf deren Initiative die Resolution zurückgeht. Zum ersten Mal werde ein Massaker an der kurdischen Bevölkerung anerkannt - mit Zustimmung aller Parteien. Jetzt müsse hier auch der österreichische Nationalrat nachziehen. Der Wiener Gemeinderat fordert die Abgeordnetenkammer des Parlaments auf, das Menschenrechtsverbrechen von Helebce ebenfalls als Völkermord einzustufen.

Der Angriff auf die kurdische Stadt Helebce (auch Halabja, dt. Halabdscha) durch das irakische Regime von Saddam Husein war der bis dahin weltweit größte Giftgasangriff auf ein bewohntes Gebiet: Mehr als 5.000 der damals rund 70.000 Bewohnerinnen und Bewohner starben binnen weniger Stunden einen qualvollen Erstickungstod, weitere 10.000 erlitten schwere Verletzungen und langfristige Schäden. Noch heute haben die Opfer und ihre Nachkommen mit Spätfolgen zu kämpfen: ungewöhnlich viele Fälle von bösartigem Krebs, Hautkrankheiten, Atemprobleme, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und angeborene Missbildungen sind nur einige davon.

100-Liter-Bomben mit Senfgas und anderen Kampfstoffen

Die Attacke auf Helebce erfolgte im Rahmen der „Anfal-Operation“ – unter diesem Namen hat der Irak zwischen 1986 und 1989 in acht Phasen genozidale Maßnahmen an der kurdischen Bevölkerung und den aramäischen, assyrischen und chaldäischen Minderheiten in den nördlichen Regionen des Landes durchgeführt: etwa 182.000 Menschen wurden getötet, mehrere Millionen verletzt und vertrieben und in Konzentrationslagern dem qualvollen Tod durch Hunger und mangelnde Pflege überlassen. Gegen 10.55 Uhr am Vormittag des 16. März 1988 warfen irakische Kampfflieger mehrere 100-Liter-Bomben mit Senfgas und anderen chemischen Kampfstoffen über Helebce ab. Es war der massivste Einsatz von Giftgas seit dem Ersten Weltkrieg und hat zu einer dauerhaften Verunreinigung des Bodens und Wassers geführt. Fast alle Opfer waren aus der Zivilbevölkerung, laut einigen Berichten waren bis zu 75 Prozent der Getöteten Frauen und Kinder.

Aslan: Ein klares politisches Signal

„Die Anerkennung dieses Völkermordes durch die Menschenrechtsstadt Wien ist ein wichtiger Schritt für Gerechtigkeit, Solidarität und die Wertschätzung der Opfer sowie ihrer Angehörigen“, betont Aslan. Dieses klare politische Signal werde helfen, ähnliche Gräueltaten in Zukunft zu verhindern. „Es ist ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern und den Hinterbliebenen“, so die Gemeinderätin.