Kurdischer Autor Burhan Sönmez neuer PEN-Präsident

Der kurdische Buchautor und Menschenrechtsanwalt Burhan Sönmez ist zum neuen Präsidenten des Schriftstellerverbands PEN-International gewählt worden.

Der kurdische Buchautor und Menschenrechtsanwalt Burhan Sönmez ist der neue Präsident der Schriftstellervereinigung PEN-International. Die Wahl des 56-Jährigen durch die Delegiertenversammlung fand am Freitag im Rahmen des Kongresses zum 100-jährigen Bestehen des internationalen Autorenverbandes statt. Nach seiner Wahl sagte Sönmez: „Ich danke den Mitgliedern dafür, dass sie mir die Zukunft des PEN anvertraut haben - eine Ehre und eine Verantwortung, die ich anerkenne und im Hinterkopf und im Herzen behalten werde, während ich die Rolle des Präsidenten unserer noblen Organisation ausfülle.“ Sönmez folgt in seinem neuen Amt der US-amerikanischen Autorin Jennifer Clement, die sechs Jahre lang die Vereinigung leitete.

Burhan Sönmez wurde 1965 im zentralanatolischen Haymana bei Ankara geboren und studierte Jura in den Jahren nach dem Militärputsch von 1980. Als Student wurde er verhaftet und im Istanbuler Polizeipräsidium Gayrettepe, einem berüchtigten Folterzentrum, verhört, weil er die erste Studentenaktion während des Kriegsrechts organisiert hatte. Als Mitglied des Menschenrechtsvereins IHD nahm Sönmez häufig heikle Menschenrechtsfälle an und wurde zur Zielscheibe staatlicher Repression. Bei einem Übergriff durch die Polizei wurde er 1996 in der Türkei schwer verletzt und anschließend mit Hilfe der Freedom-from-Torture-Stiftung in England medizinisch versorgt. In dieser Zeit begann Sönmez mit dem Schreiben von Romanen, inspiriert von den traditionellen Geschichten, die er während seiner Kindheit von seiner Mutter gehört hatte.

Seine gefeierten Werke wurden in zweiundvierzig Sprachen übersetzt. 2009 erschien sein erster Roman Kuzey (dt.: Norden). Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, dessen Vater verschwand, als er erst zwei Jahre alt war. Zwanzig Jahre später taucht jener als Leichnam wieder auf. Er macht sich auf nach Norden, um das Geheimnis seines verlorenen Vaters, den er nie wirklich kannte, zu ergründen. Zwei Jahre darauf folgte der zweite Roman Masumlar (Sünden und Unschuldige). Er erzählt die halbautobiografische Geschichte eines Mannes und einer Frau, deren Lebenswege von Anatolien nach Teheran und Cambridge führen. 

Der dritte Roman Istanbul Istanbul erschien 2015 und handelt von vier Gefangenen in den Kellergefängnissen Istanbuls. Sie erzählen sich gegenseitig Geschichten, um ihre elende Lage zu überleben. Die Metropole am Bosporus selbst ist, wie der Buchtitel bereits nahelegt, der Dreh- und Angelpunkt dieser durch die Rahmenhandlung verflochtenen Erzählungen. Er folgten die Werke Labirent (Labyrinth, 2018) und Taş ve Gölge (Stein und Schatten, 2021). Sönmez wurde mit dem Literaturpreis der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (2018), dem Disturbing the Peace Award (2017), dem BUYAZ Best Story Honour Prize (2015), dem Sedat-Simavi-Literaturpreis (2011) und dem Izmir St. Joseph Best Novel Award (2011) ausgezeichnet.

Darüber hinaus war Burhan Sönmez Dozent für Literatur an der Technischen Universität des Nahen Ostens (ODTÜ) in Ankara, Mitglied der Jury für den Cevdet-Kudret-Literaturpreis 2014 und für das Internationale Filmfestival Genf 2020. Er zählt zu den Gründungsmitgliedern von TAKSAV, einer Stiftung für Sozialforschung, Kultur und Kunst, ist Mitglied des englischen PEN, des kurdischen PEN und des PEN*Türkei sowie ehemaliges Vorstandsmitglied von PEN International. Burhan Sönmez lebt mit seiner Familie in Istanbul und Cambridge.

PEN: Poets, Essayists, Novelists

Der Autorenverband PEN wurde am 5. Oktober 1921 von der englischen Schriftstellerin Catherine Amy Dawson Scott in London gegründet. Der Verband beschäftigt sich mit der Förderung von Völkerverständigung und setzt sich für Rede- und Meinungsfreiheit ein. Während der Zeit des Nationalsozialismus war seine Unterstützung für verfolgte deutschsprachige Schriftsteller von großer Bedeutung.