Kirmanckî-Rat in Amed gegründet
In Amed wurde der Kirmanckî-Rat ins Leben gerufen. Das neue Gremium will die bedrohte kurdische Sprachvarietät Kirmanckî vor dem Aussterben bewahren und ihren Platz in Bildung, Kultur und Politik stärken.
In Amed wurde der Kirmanckî-Rat ins Leben gerufen. Das neue Gremium will die bedrohte kurdische Sprachvarietät Kirmanckî vor dem Aussterben bewahren und ihren Platz in Bildung, Kultur und Politik stärken.
Die Vereinigung für die Erforschung der Sprachen und Kulturen in Mesopotamien (MED-DER) hat die Gründung eines Kirmanckî-Rates in Amed (tr. Diyarbakır) bekanntgegeben. Ziel der neuen Versammlung ist es, die vom Aussterben bedrohte kurdische Sprachvarietät Kirmanckî (auch Zazakî oder Dimilkî) zu schützen, weiterzuentwickeln und öffentlich sichtbarer zu machen.
Die Gründung wurde am Freitag im Konferenzsaal der Anwaltskammer Diyarbakır verkündet. An der Veranstaltung nahmen Vertreter:innen der DEM-Partei, darunter der Ko-Oberbürgermeister Doğan Hatun, sowie zivilgesellschaftliche Organisationen und Sprachaktivist:innen teil. Ein Banner mit der Aufschrift „Statuyê Kurdkî, perwerdeyê Kurdkî“ (Status für Kurdisch – Bildung auf Kurdisch) unterstrich die zentralen Forderungen der Initiator:innen.
Warnung vor Sprachverlust
In ihrer Rede erinnerte Şükran Yakut, Ko-Vorsitzende von MED-MED, an einen Bericht der Kulturorganisation der Vereinten Nationen (UNESCO), dem zufolge weltweit rund 40 Sprachen vom Aussterben bedroht sind – 18 davon allein in der Türkei. Besonders gefährdet sei die Kirmanckî-Varietät des Kurdischen, die durch staatliche Restriktionen, fehlende Bildungsangebote und gesellschaftliche Marginalisierung immer weiter verdrängt werde.
Deklaration des Kirmanckî-Rates in Amed
„Kirmanckî ist nicht lediglich die Sprache der Berge und Almen, sondern ein wertvoller, reicher Dialekt. Doch ohne muttersprachliche Bildung wird sie verschwinden. Um das zu verhindern, muss Kirmanckî in Bildung, Politik und Medien aktiv genutzt werden. Wer das Überleben der Sprache sichern will, muss sie sprechen, lesen und schreiben“, so Yakut.
Bezug auf Öcalans Friedensappell
Yakut verband die Gründung des Kirmanckî-Rates mit dem am 27. Februar veröffentlichten Aufruf des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalans für Frieden und eine demokratische Gesellschaft in der Türkei und im Nahen Osten. Der Rat wolle die in diesem Appell formulierten Ziele unterstützen: „Wir sehen uns als Teil dieser Vision eines friedlichen und demokratischen Zusammenlebens. Wir verstehen unsere Arbeit als Beitrag dazu.“
Sie rief insbesondere junge Menschen, Frauen und Ältere dazu auf, sich der jahrzehntelangen Assimilationspolitik zu widersetzen. „Sprache ist unsere Identität, unser Gedächtnis, unsere Würde. Wer die Sprache verliert, verliert das Recht, sich selbst zu definieren.“
Forderungen an die Politik
Yakut forderte von der Regierung, freie Rahmenbedingungen für muttersprachlichen Unterricht zu schaffen. Neben gesetzlichen Schritten brauche es konkrete Maßnahmen zur Förderung des Kurdischen in all seinen Dialekten und Varietäten. „Wir wollen, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der kurdischen Sprache wird – und dass Kirmanckî nicht dem Verschwinden zum Opfer fällt.“
Ziele des Kirmanckî-Rates
In ihrer Rede stellte Yakut die zentralen Vorhaben des Rates vor:
▪ Einsatz für muttersprachliche Bildung,
▪ Förderung und Veröffentlichung kirmanckîsprachiger Werke,
▪ Sichtbarkeit der Sprache im öffentlichen Raum – etwa durch Medien, Politik und Kultur,
▪ Aufklärungskampagnen in Haushalten und Gemeinden zur Stärkung des Sprachbewusstseins,
▪ internationale Zusammenarbeit zur Anerkennung und Stärkung von Kirmanckî.
Unterstützung aus Politik und Zivilgesellschaft
Die Parlamentsabgeordnete Saliha Aydeniz (DEM) beteiligte sich ebenfalls an der Deklaration des Rates. In ihrem Grußwort betonte sie: „Ein demokratisches Gemeinwesen ist eines, in dem die Menschen ihre eigene Sprache sprechen. Dieser Ratist deshalb ein wertvoller Schritt, den wir politisch unterstützen werden.“
Auch der Ko-Oberbürgermeister Doğan Hatun würdigte das Engagement der Organisator:innen: „Die Sprache Zazakî ist besonders stark vom Verschwinden bedroht. Deshalb ist die Gründung dieser Versammlung so wichtig. Wir stehen hinter dieser Initiative und werden unseren Teil dazu beitragen.“
Die Veranstaltung endete mit einem Aufruf zur breiten Beteiligung an der Arbeit des Kirmanckî-Rates.
Titelfoto: Protestveranstaltung für die Einführung von Kurdisch als Amts- und Bildungssprache im Mai 2022, Istanbul © ANF