Deklaration zum Tag der kurdischen Sprache am 15. Mai
Anlässlich des 15. Mai, dem Tag der kurdischen Sprache, haben Sprachinstitute, politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen in Amed (tr. Diyarbakır) eine gemeinsame Deklaration veröffentlicht. Unter dem Motto „Status für Kurdisch – Bildung auf Kurdisch“ kündigten sie eine Aktionsperiode vom 4. Mai bis zum 1. Juni an.
Die Erklärung wurde im Koşuyolu-Park in Amed vorgestellt und von Vertreter:innen des Sprachforschungszentrums MED-DER sowie der Kulturkommission der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) auf Kurmancî und Kirmanckî verlesen. Ziel sei es, den gesellschaftlichen Widerstand für die Anerkennung der kurdischen Sprache zu verbreiten und zu vertiefen – und ihn in alle Lebensbereiche zu tragen.
„Die kurdische Sprache ist unsere rote Linie“
In der Deklaration wird die kurdische Sprache als elementares Gut nicht nur der kurdischen Nation, sondern der gesamten Menschheit bezeichnet. Über ein Jahrhundert hinweg sei sie wie viele andere Sprachen durch staatliche Repression marginalisiert, verboten oder unsichtbar gemacht worden. Besonders in der Türkei sei das Ziel offenkundig: „Die Verdrängung des Kurdischen durch die allgegenwärtige Durchsetzung des Türkischen soll die kulturelle Auslöschung der kurdischen Identität herbeiführen.“
Die Erklärung zitiert den PKK-Begründer Abdullah Öcalan, der das Verhältnis zur Muttersprache als Gradmesser für persönliche und kollektive Würde beschreibt: „Wer seine Sprache nicht verteidigt, kann nichts verteidigen. Wer seine Sprache nicht spricht, bleibt ein halber Mensch. Muttersprache ist so lebensnotwendig wie Brot und Wasser.“
Bildung, Status, Anerkennung
Die Initiative fordert die verfassungsrechtliche Anerkennung des Kurdischen als gleichberechtigte Sprache, insbesondere in Bildung und Verwaltung. Dazu gehöre auch die offene Debatte über die Einführung von muttersprachlichem Unterricht, die Rückgabe kurdischer Ortsnamen und die rechtliche Absicherung kurdischer Selbstverwaltungsmodelle. Die Verfasser:innen stellen klar: „Diese Rechte sind nicht verhandelbar, sondern grundlegende Elemente eines demokratischen Gemeinwesens.“ Zugleich wird die Freilassung Abdullah Öcalans als notwendige Bedingung genannt, um eine echte demokratische Lösung der kurdischen Frage – und damit auch die kulturelle Freiheit – zu ermöglichen.
Geplante Aktionswochen: Bildung von unten
Zwischen dem 4. Mai und dem 1. Juni sollen in allen kurdischen Provinzen sowie in türkischen Metropolen vielfältige Aktionen organisiert werden. Ziel sei es, das Kurdische in der gesamten Gesellschaft sichtbarer zu machen und die kollektive Verantwortung für Sprache und Kultur zu stärken.
Jedes Haus ist eine Schule
Geplant sind unter anderem Demonstrationen, Infokampagnen und Straßenaktionen, Plakat- und Banneraktionen in kurdischer Sprache, Lesungen, Theateraufführungen, Buchmessen und Konzerte, Seminare, Konferenzen, Symposien und Foren, digitale Veranstaltungen sowie lokale Initiativen in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Kommunalverwaltungen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Einrichtung von spontanen Lernorten: „Jedes Haus, jedes Dorf, jede Straße, jedes Viertel, jedes Camp soll zu einer kurdischen Schule oder Universität werden“, heißt es in der Erklärung.
Aufruf zur breiten Beteiligung
Die Initiator:innen rufen alle demokratischen Kräfte, kurdischen Parteien, Frauengruppen, Jugendliche, Akademiker:innen und Künstler:innen – innerhalb und außerhalb Kurdistans – auf, sich dieser Initiative anzuschließen. „Lasst uns jeden Tag zu einem Fest der kurdischen Sprache machen. Lasst uns gemeinsam für ihren Schutz und ihre gesellschaftliche Verankerung kämpfen – in Schulen, am Arbeitsplatz, in der Politik, in der Familie und im Alltag.“
Die Veranstaltung endete unter Applaus und mit Slogans zur Stärkung der kurdischen Sprache.