Hasankeyf-Performance vor dem Vatikan
Mit einer Performance-Art vor dem Vatikan hat die Künstler*innengruppe „Compagnie bien à vous Armanc Kerborani“ auf die Zerstörung der über 12.000 Jahre alten Kulturstätte Hasankeyf aufmerksam gemacht.
Mit einer Performance-Art vor dem Vatikan hat die Künstler*innengruppe „Compagnie bien à vous Armanc Kerborani“ auf die Zerstörung der über 12.000 Jahre alten Kulturstätte Hasankeyf aufmerksam gemacht.
Die türkische Regierung hat vor einigen Tagen damit begonnen, eine der ältesten menschlichen Siedlungen im Zweistromland Mesopotamien zu fluten: Die 12.000 Jahre alte Ortschaft Hasankeyf (kurdisch: Heskîf) und das umliegende Tigristal sollen für das auf 50 Jahre Betriebsdauer angelegte Ilisu-Wasserkraftwerk, eines der weltweit umstrittensten Talsperrenprojekte, untergehen.
Bis heute hat Hasankeyf überlebt, weil vorläufige juristische Erfolge der Staudammgegner*innen die Fertigstellung des Staudamms verschieben konnten. Doch seit dem Frühjahr sind alle Turbinen des österreichischen Anlagenbauers Andritz angeschlossen und der von Tausenden Soldaten und paramilitärischen Dorfschützern abgesicherte Damm ist damit grundsätzlich betriebsbereit.
Um ein Zeichen für den Erhalt der antiken Stadt und des Tigristals, eines der letzten erhaltenen großen Flussökosysteme in der Region, zu setzen, finden bereits seit Monaten vielfältige Aktionen statt. In Rom hat am Samstag die Künstler*innengruppe „Compagnie bien à vous Armanc Kerborani“ eine Performance-Art vor dem Vatikan dargeboten, um auf die Zerstörung von Hasankeyf aufmerksam zu machen. Zu der Aktion erklärte das Trio:
Bilder: Aurélie Gerardin
‚Ilisu-Staudamm: Akt des kulturellen Völkermords’
„Erbaut am Ufer des Tigris, verkörpert Hasankeyf mindestens 12.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Die Spuren, die Zoroastrier, Eziden, Juden, Christen und Muslime dort hinterließen, sind Zeugnis der kulturellen Vielfalt. In der Felsenburg befinden sich tausende antike Höhlen und andere Monumente wie Kirchen, in denen sich einige der ersten Christen der Welt zum Gottesdienst versammelten und auf Aramäisch sangen, der Sprache Jesu Christi. Davon zeugen die Kreuze, die in die Wände der Höhlen eingemeißelt wurden.
Heute ist Hasankeyf in Gefahr. Auch wenn die historische Stätte von der UNESCO nicht als Weltkulturerbe anerkannt wird, obwohl neun von zehn Kriterien für einen Welterbestatus erfüllt sind, ist Hasankeyf ein wertvolles Kulturerbe. Wenn wir nichts unternehmen, wird jahrtausendealte Geschichte in den Fluten des Ilisu-Staudamms verloren gehen.
Wir sind in die Vatikanstadt gekommen, weil wir von der UNESCO, ihren Institutionen und der Öffentlichkeit fordern, sich gegen diesen Akt des kulturellen Völkermords zu stellen. Die Stadt Hasankeyf ist ein universelles Erbe. Es ist das Erbe von uns allen. Wir können nicht schweigen und untätig dabei zusehen, wie es verschwindet.”
Ähnliche Aktion in Berlin
Nach ihrer Performance wurden die Künstler*innen Juan-Golan Elibeg, Aurélie Gerardin und Thomas Lamouroux unter dem Vorwurf der „Störung der öffentlichen Ordnung” festgenommen. Seit den Abendstunden befinden sie sich wieder auf freiem Fuß.
Die von Juan-Golan Elibeg gegründete unabhängige, multidisziplinäre und internationale Künstler*innengruppe aus Paris hatte bereits vor zwei Wochen gemeinsam mit der Journalistin Zehra Doğan im Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel mit Performance-Kunst für Hasankeyf das Aufsehen erregt. Auch dort war es im Anschluss an die Darbietung zu vorläufigen Festnahmen gekommen.
„Compagnie bien à vous Armanc Kerborani“ ist benannt nach dem aus Mêrdîn stammenden Guerillakämpfer Armanc Kerboran (Hüseyin Akdoğan), der am 27. November 2011 in der nordkurdischen Stadt Pîran (Dicle, Provinz Amed/Diyarbakir) bei einem Gefecht mit türkischen Soldaten ums Leben gekommen ist.