Impressionen der 14. Kurdischen Kulturtage in Nürnberg
Nach vier Tagen Festival zog die Kulturkommission eine durchwegs positive Bilanz und ist sich sicher, auch im nächsten Jahr wieder zu Kurdischen Kulturtagen in Nürnberg einzuladen.
Nach vier Tagen Festival zog die Kulturkommission eine durchwegs positive Bilanz und ist sich sicher, auch im nächsten Jahr wieder zu Kurdischen Kulturtagen in Nürnberg einzuladen.
Wieder einmal bewiesen die Kurdinnen und Kurden, die das Demokratische Kurdische Gesellschaftszentrum „Medya Volkshaus“ mit Leben füllen, ihre Entschlossenheit die eigene Kultur und Identität auch in der Diaspora zu bewahren. Das Programm der 14. Kurdischen Kulturtage mit Konzerten, Lesungen, Filmvorführungen, Ausstellungen, Folklore und Diskussionen mag als trotziger Ausdruck des Widerstands gegen Assimilation verstanden werden. Doch es geht um mehr. In der Begeisterung und dem Engagement schwingen ein kollektives Gefühl von Verbundenheit mit. Es speist sich aus dem Bewusstsein, einer Bewegung anzugehören, die aus ihrer Geschichte lernt, nach vorne blickt, sich weder bezwingen noch manipulieren lässt und dies der Öffentlichkeit zeigt.
Musik von der kurdisch-tscherkessischen Sängerin Cemîle Dinçer
Eingerahmt wurden die vier Tage des Festivals durch die Dauerausstellung mit Alltagsgegenständen nomadischen Lebens im „Konê Reş“, einem originalen schwarzen Zelt. Dort konnte man auch die Dengbêj-Kultur miterleben. Im Stil eines Sprechgesangs werden mit dieser traditionellen kurdischen Erzählkunst Mythen von Generation zu Generation weitergegeben. Am meterlangen Buffet sorgten derweil fleißige Hände für Nachschub, damit auch die kulinarische Seite kurdischen Lebens nicht zu kurz kommt.
Höhepunkt des ersten Tages waren Konzerte mit der kurdisch-tscherkessischen Sängerin Cemîle Dinçer und Azadî, dem ehemaligen Sänger der Gruppe Koma Avaşîn. Beide überzeugten und berührten das Publikum mit ihren Liedern, die von Liebe und der Sehnsucht nach Freiheit erzählen.
Der nächste Tag begann mit der Ausstellung der kurdischen Malerin Şengül. Ihre Szenen aus dem Alltagsleben kurdischer Frauen symbolisieren den Freiheitskampf der „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung. Im Anschluss gab es erstmalig in Nürnberg eine Modenschau mit traditionellen Gewändern aus allen Teilen Kurdistans. Die authentischen Gewänder, deren Stil seit Jahrhunderten bewahrt wurde, spiegeln durch ihre Farben, Stoffe und kunstvolle Stickereien die Geschichte ihrer Regionen wider. Das Publikum quittierte das farbenfrohe Defilee mit begeistertem Applaus, und das Organisationskomitee beschloss eine Wiederholung am folgenden Tag.
Filmvorführungen und Gespräch mit Publikum
Am Abend dann waren im kommunalen Filmhaus zwei Vorführungen des Films „Rojbash“ angesetzt. Dabei geht es um die Geschichte einer Gruppe kurdischer Schauspieler, die zusammenkommen, um ein Stück von vor 25 Jahren neu aufzuführen. Zwischen den beiden Vorführungen beantwortete der Schauspieler, Theatermacher und Autor Kemal Ulusoy Fragen des Publikums über die schwierigen Bedingungen kurdischer Theaterarbeit.
Das Programm am Freitag startete mit Liedern des Frauenchors im Medya Volkshaus, der im vergangenen Jahr gegründet wurde und jetzt seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte. Danach trug Hekîm Sefkan aus Amûdê Gedichte aus seinen zahlreichen Werken vor. Er reiste aus der Schweiz ein, wo er heute im Vorstand des dortigen Kurdischen Instituts arbeitet.
Podiumsdiskussion mit Ayşe Acar Başaran
Am Abend dann folgte die Podiumsdiskussion, bei der traditionell Gäste aktuelle Themen rund um die kurdische Frage aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven erörtern. Die Juristin und ehemalige HDP-Abgeordnete Ayşe Acar Başaran begann mit einer Einschätzung der aktuellen politischen Lage. Wie erwartet, hatte das Publikum nach dem Aufruf von Abdullah Öcalan und den Beschlüssen des 12. Kongresses der PKK großes Interesse und viele Nachfragen.
Gernas Koçer über den Erhalt des Kurdischen
Die Einladung des Schriftstellers und Ko-Vorsitzenden des Schweizer Kurdischen Instituts Gernas Koçer kam nicht von ungefähr, waren die diesjährigen Kulturtage doch Musa Anter (bekannt als Apê Musa – Onkel Musa) gewidmet, einem unerschütterlichen Verteidiger der kurdischen Kultur und Sprache. Koçer sprach über der Bedeutung des Erhalts des Kurdischen und wies darauf hin, dass die Verwendung der kurdischen Sprache in der Türkei noch immer verboten ist.
Erol Polat schließlich bewertete im Namen des Kurdistan Nationalkongress (KNK) die politische Lage in der europäischen Diaspora. Er verwies auf die Millionen von Kurd:innen, deren politischer Wille oft ignoriert oder kriminalisiert wird.
Geschickt moderierte Gulistan Ateş die drei Panels und gab dem Publikum genug Raum für Nachfragen. Besonderer Dank galt auch den Simultan-Dolmetscher:innen.
Drei Open-Air-Konzerte zum Abschluss
Am vierten Tag endeten die Kurdischen Kulturtage mit drei Open-Air-Konzerten. Den Beginn machte Onur Evîn, der traditionelle Musik mit modernen Klängen verbindet. Seine Lieder erzählen von Freiheit, Liebe, Einsamkeit und Heimat und bewegen die Herzen.
Danach trat die wunderbare kurdische Musikerin Bermal Çem auf die Bühne. In ihren Liedern spiegeln sich der Widerstand und die Gefühle des kurdischen Volkes. Vor allem mit „Çavê Cudî“, der Liebesgeschichte an den Berg Cûdî und die Stadt Cizîr gewann sie die Herzen ihrer Zuhörer:innen. Bald fand sich das Publikum ein zum großen Govend und feierte tanzend die kurdische Identität.
Fulminanter Höhepunkt war zweifellos der Auftritt des Hip-Hoppers Ibo Qamishlo aus Nordostsyrien, der mit seinen Stücken über soziale Gerechtigkeit, Freiheit und dem Kampf der kurdischen Minderheit in Syrien vor allem die Jugend zum Beben brachte.
Nach vier Tagen Festival zog die Kulturkommission eine durchwegs positive Bilanz und ist sich sicher, auch im nächsten Jahr wieder zu Kurdischen Kulturtagen in Nürnberg einzuladen.