„Ma ne Xorasan, ma ne Tunceli – Ma Dersim me!“
Das 15. Europäische Dersim-Festival im Rebstockpark in Frankfurt war mit zahlreichen Besucher:innen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland stark besucht. Unter dem diesjährigen Motto „Ma ne Xorasan, ma ne Tunceli – Ma Dersim me!“ („Ich bin weder aus Horasan noch aus Tunceli – ich bin aus Dersim“) stand das zweitägige Festival im Zeichen kultureller Selbstvergewisserung, politischer Reflexion und generationsübergreifender Begegnung.
Die Veranstaltung versteht sich als Plattform zum Erhalt der kulturellen Identität und historischen Erinnerung der alevitisch-kurdischen Region Dersim (tr. Tunceli), insbesondere in der Diaspora. In diesem Sinne war das Festivalgelände mit Symbolen der alevitischen Kultur, historischen Fotografien, Buchständen und kulinarischen Spezialitäten aus der Region gestaltet.
Auftakt mit Gedenken und alevitischer Zeremonie
Der zweite Festivaltag begann am Sonnabend mit einem Panel mit dem Titel „Feminizid und religiöse Verfolgung im Kontext der Frauenfrage“. Im Anschluss eröffnete der Geistliche Pir Zeynel Kete das Festival mit einer Gulbang-Zeremonie. In seiner Rede betonte Kete die friedfertigen Grundwerte des Alevitentums und erinnerte an die historischen Verfolgungen der kurdisch-alevitischen Gemeinschaft.
Es folgten traditionelle Tanzdarbietungen und ein musikalischer Auftritt der Gruppe DAKME.
Politische Reden: Erinnerung und Perspektive
Die aus Dersim angereiste DEM-Abgeordnete Ayten Kordu fokussierte ihre Rede auf die politische Lage in Kurdistan und die Türkei. Die Entscheidung der PKK zur Selbstauflösung und dem Ende des bewaffneten Kampfes würdigte sie als einen historischen Wendepunkt. Sie erinnerte an zwei zentrale Figuren der Bewegung – Ali Haydar Kaytan und Rıza Altun – und sagte: „Dersim hat zwei mutige Söhne verloren. Wir gedenken ihrer mit Liebe und Respekt.“
Kordu rief im weiteren Verlauf zur Unterstützung des „Aufrufs für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ auf, den Abdullah Öcalan am 27. Februar aus seiner Haft heraus veröffentlicht hatte, und rief die Gesellschaft dazu auf, sich diesem Appell anzuschließen.
Zugleich warnte sie vor der anhaltenden Gewalt gegen Alevit:innen und Alawit:innen, insbesondere in Syrien: „Das ideologische Fundament für religiös motivierte Massaker ist nicht verschwunden – es wirkt bis heute fort.“
Cafer Oğur: „Kehrt nach Dersim zurück“
Ein weiterer Redebeitrag kam von Cafer Oğur, Bürgermeister der nordkurdischen Kreisstadt Dep (Karakoçan). Er bezeichnete das Festival als Ort kollektiven Gedächtnisses und erinnerte an den Dersim-Genozid von 1937/38, dessen Folgen bis heute nachwirkten. „Noch immer werden Menschen aus Dersim verdrängt. Die Entvölkerungspolitik ist nicht beendet.“ Insbesondere richtete er sich an die junge Generation in der Diaspora: „Wendet euch Dersim zu – und lebt dort. Lasst uns gemeinsam in einem freien Kurdistan zusammenkommen, in dem Krieg und Massaker der Vergangenheit angehören“, so Oğur.
Festival endet mit Dank und Appell zur Kontinuität
Zum Abschluss des Festivals dankte Muharrem Erdoğan im Namen des Organisationsteams allen Mitwirkenden und Besucher:innen für ihr Engagement.