Feiern zum assyrischen Neujahrsfest Akitu in Rojava

Im Nordosten von Syrien haben die christlichen Suryoye das assyrische Neujahrsfest Akitu gefeiert.

Im Nordosten von Syrien haben die christlichen Suryoye am Freitag das assyrische Neujahrsfest Akitu gefeiert. Das Akitu lässt sich auf eine jahrtausendalte Tradition zurückführen und gehört zu den ältesten Festen der Welt. Es hat seinen Ursprung in der antiken sumerischen Zivilisation des Zweistromlandes Mesopotamien und wird in diesem Jahr zum 6.772 Mal gefeiert. Seit der sumerischen Zeit lassen sich ähnliche Feste in vielen mesopotamischen Städten wie beispielsweise in Uruk nachweisen. Da alle mesopotamischen Kulturen in hohem Grad von der Landwirtschaft abhingen, waren die meisten ihrer Feste mit dem alljährlichen Naturzyklus verbunden.

Das assyrische Akitu-Fest beginnt nach der Tagundnachtgleiche am 21. März und findet seinen Höhepunkt am 1. April. Dieser Tag markiert den Termin zur Gerstenaussaat. Noch bis ins späte zweite Jahrtausend v. Chr. wurden zwei Feste mit mehrtägigen Prozessionen und religiösen Ritualen begangen, nämlich zur Gerstenaussaat und später noch einmal zur Gerstenernte. Heute hat das Fest keinerlei religiöse, sondern vielmehr eine kulturelle und politische Bedeutung inne. Da Festtraditionen um Frühlingsbeginn und Aussaat insbesondere im Kontext der neolithischen Revolution und der damit beginnenden organisierten Landwirtschaft von Bedeutung sind, ist anzunehmen, dass Akitu noch weit älter ist und in der Frühzeit vom Göttinnen-Kult geprägt war.

Die zentrale Akitu-Feier in Rojava wurde in der Ortschaft Tall Arbush zelebriert. Das assyrische Dorf befindet sich im Chabur-Tal, etwa zwanzig Kilometer südöstlich von Tall Tamr (ku. Til Temir oder Girê Xurma), und gehört verwaltungstechnisch zum Kanton Hesekê. An der Feier beteiligten sich hunderte Menschen, unter ihnen waren auch namhafte Persönlichkeiten aus Zivilgesellschaft, Politik und Militär. Aus den Strukturen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) waren unter anderem die YPJ-Kommandantin Newroz Ehmed, der QSD-Sprecher Aram Hanna sowie Ferhad Şami, der Presseverantwortliche des Kampfverbands, und Matay Hanna vom Militärrat der Suryoye (MFS).

Gruß an „Geschwisterlichkeit der Völker“

Nach einer Schweigeminute für die Gefallenen wurde die Feier mit Botschaften der Assyrischen Einheitspartei und der „Assyrischen Demokratischen Organisation“ verlesen. Das neue Jahr möge den Beginn von Frieden, Liebe und Ruhe markieren, hieß es unter anderem. Matay Hanna gratulierte allen christlichen Völkern des Landes zum neuen Jahr und sagte, Akitu sei der Moment der Erneuerung des Geistes, der Natur, der Harmonie und der Zivilisationen. Newroz Ehmed sprach von einer „gemeinsamen Kultur“, die die Völker der Region zusammen gestaltet haben, und würdigte den Verdienst der Gefallenen von Rojava. Nur dank ihrer Opfer sei es den Völkern in der Region heute möglich, Feste wie Akitu oder Newroz entspannt und ausgiebig zu begehen. Zum Ende ihrer Rede grüße die Kommandantin die „Geschwisterlichkeit“ der Völker von Rojava, das eine einzigartige diverse Gesellschaft mit Mosaikcharakter besitzt. Das Programm wurde mit musikalischen Beiträgen, Folkloredarbietungen und Theaterstücken fortgesetzt.

Feier in Tirbespiyê

Auch in Tirbespiyê wurde heute Akitu gefeiert – wenn auch die Stimmung aufgrund des heutigen Drohnenangriffs nahe der Kleinstadt im Osten von Qamişlo eher gedrückt war. Unter den Teilnehmenden war auch die Politikerin Nazira Gawriye, die Ko-Vorsitzende der Assyrischen Einheitspartei ist. „Ich gratuliere allen Suryoye in Syrien und auf der ganzen Welt, die Akitu feiern. Meine Hoffnung ist, dass dieses Fest den Menschen hier, die mit Krieg und Tod konfrontiert sind, Frieden, Freiheit und Stabilität und bringen wird“, sagte Gawriye.

Auf Beschluss der Autonomieverwaltung ist Akitu seit diesem Jahr ein gesetzlicher Feiertag in Nord- und Ostsyrien.