Efrîn: Drei Jahre Besatzung – drei Jahre Widerstand

Am 20. Januar 2018 begann die Invasion in Efrîn – heute gleicht die einst sicherste Region ganz Syriens einer Dschihadisten-Enklave. Die YPG International erinnern an gemeinsame Kämpfe, Gefallene und daran, warum Rojava die Revolution aller Menschen ist.

Am 20. Januar 2018 begann die Türkei mit Unterstützung tausender dschihadistischer Söldner unter der zynischen Bezeichnung „Operation Olivenzweig“ einen Angriffskrieg auf den bis dato selbstverwalteten Kanton Efrîn in Rojava. Der ideologischen Allianz von AKP/MHP-Regierung und Islamisten setzten die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) über zwei Monate lang einen selbstlosen Widerstand entgegen. Anlässlich des dritten Jahrestages des Beginns der Invasion bekräftigen die YPG International, ihren Kampf bis zur Befreiung Efrîns und aller anderen besetzten Gebiete in Nord- und Ostsyrien fortzusetzen.

Efrin war bis zum Beginn der Invasion eines der friedlichsten Gebiete im gesamten Autonomiegebiet, und blieb größtenteils von aktiven Kriegshandlungen verschont. Zudem war Efrîn eine jener Regionen, in der die gesellschaftliche Organisierung auf Basis der Ideen des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan weit voran geschritten war. Basisdemokratie, kommunales Leben, ökologische Projekte und die Befreiuung der Frau wurden dort intensiv mit Leben gefüllt. Darüber hinaus war Efrîn ein Zufluchtsort für viele Ezid*innen, die dem genozidalen Terror der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) entkamen und eine neue und vor allem sichere Heimat fanden.

Efrîn ist heute ein Trümmerhaufen

„Heute gleicht Efrîn einem Trümmerhaufen”, halten die YPG International fest. „Die dschihadistischen Banden plündern den Besitz der vertriebenen und der nicht geflohenen Bevölkerung, zerstören die Umwelt Efrîns, vernichten und schänden kulturelle und historische Stätten, entführen und vergewaltigen Frauen und zwangsverheiraten Mädchen bereits im Kindesalter. Unter Akzeptanz der NATO begeht die Türkei  mit ihrer Proxytruppe ‚Syrische Nationale Armee’ gezielt Kriegsverbrechen gegen die lokale Bevölkerung. Bereits seit Beginn der ‚Operation Olivenzweig’ verfolgte die Türkei nicht nur den Plan einer kurzzeitigen Militäroperation, sondern forcierte die Annexion der Region in das eigene Staatsgebiet. Heute werden in Efrîn Kinder nach türkischen Lehrplänen und Ideologie unterrichtet, Schilder etc. sind in türkischer Sprache geschrieben, die türkische Lira ist als Währung eingeführt und die türkische Post ist für verschiedene logistische Aufgaben zuständig. Zusammen mit dem Beginn des Baus einer Mauer um die besetzten Gebiete können wir definitiv von einem Annexionsversuch sprechen.”

Kendal, Shahin, Hêlîn und all die anderen 

Efrîn ist aber nicht nur die Geschichte von furchtbaren Greueltaten und Unterdrückung, sondern auch die Geschichte von Hoffnung, Kampf und Widerstand, heißt es weiter. Im Widerstand von Efrîn nahmen auch diverse Internationalist*innen ihren Platz ein. „Aus allen Teilen der Welt, aus den verschiedensten Kämpfen und ideologischen Strömungen beteiligten sich unsere Genoss*innen an den militärischen und den zivilen Verteidigungsarbeiten. Dabei sind Kendal Breizh (Olivier François Jean Le Clainche), Shahin Hosseini (Haukur Hilmarrson), Hêlîn Qereçox (Anna Campbell) und dutzende weitere unserer Freundinnen und Freunde gefallen.

Şehîd Namirin – unsere Gefallenen sterben nicht

In Kurdistan sagen wir ‚Şehîd Namirin’ – die Gefallenen sterben nicht. Unsere Gefallenen sterben nicht, weil wir an sie erinnern, ihre Kämpfe und Wünsche weiter zum Erfolg führen werden. Denn erinnern heißt kämpfen und kämpfen heißt erinnern. Für uns ist der 20. Januar ein Tag der Erinnerung an unsere gefallenen Freundinnen und Freunde und an die so vielfältigen Gründe, die uns alle dazu bewegt haben und bewegen, uns dieser Revolution anzuschließen, sich an ihr zu beteiligen, sie mitzugestalten und zu verteidigen. Ein Tag, um uns zu erinnern und zu vergegenwärtigen, dass es gilt, zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich zu ziehen, nicht zu vergessen, was geschehen ist und daraus Kraft für die kommenden Monate, Jahre und Offensiven zu ziehen. Uns auch daran zu erinnern, dass wir alle in dieser Revolution unseren Platz einnehmen können und uns hier in Rojava und der freien Föderation Nord- und Ostsyrien einbringen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns in den militärischen oder den gesellschaftlichen Bereichen einbringen, denn auch das können wir hier lernen und verstehen: Gesellschaft kann nur mit Verteidigung und Verteidigung kann nur mit Gesellschaft erfolgreich sein.

Rojava ist die Revolution aller Menschen

Wir möchten noch einmal betonen, dass Rojava die Revolution aller Menschen ist, die an ihr teilnehmen und sich hier mit Kraft und Mühe einbringen. Rojava ist unser aller Land und wir können hier einen Teil dessen erfahren und verwirklichen, wovon wir schon immer geträumt haben: Den Aufbau eines freien Lebens. Wie es unsere Genoss*innen vor uns getan haben und heute Tag für Tag noch immer in Ain Issa oder Til Temir tun, ist es auch unsere Aufgabe als Internationalist*innen, uns den Feinden der Revolution entgegenstellen. Es liegt auch an uns, die Besatzer aus Efrîn, aus Rojava, aus ganz Kurdistan und dem Mittleren Osten gemeinsam mit der Bevölkerung zu vertreiben. Dabei kommt es auf jede*n einzelne*n von uns an.

Heute wollen wir uns auch an die vielen Momente des Lachens, die erlebten Schwierigkeiten und ihre gemeinsame Überwindung mit unseren Genoss*innen erinnern und in der Gewissheit unseres Sieges rufen: Es lebe der Widerstand von Efrîn und in Kurdistan! Bis zur Befreiung aller besetzten Gebiete! Nieder mit dem Faschismus, in der Türkei und weltweit! Hoch die internationale Solidarität!”