Die Französin Laurence Grangien ist Fotografin und reist immer wieder in Krisengebiete, um den Alltag der Menschen dort bildlich einzufangen, wie sie erklärt. Sie lebt in Nürnberg und hat ihre berührenden Fotos schon mehrfach ausgestellt. Ihre letzte Reise führte sie im Frühjahr dieses Jahres nach Rojava. Alleine wollte sie sich umsehen und dokumentieren, „wie es dort aussieht“. Die entstandenen Arbeiten durfte sie dann auch bei den 10. Kurdischen Kulturtagen in Nürnberg zeigen.
Unter dem Titel „ROJAVA: Schein und Sein“ sind die Fotos derzeit im städtischen Bildungs- und Kulturzentrum „südpunkt“ zu sehen. Die Ausstellung wurde auf der Facebook-Seite und dem Internetauftritt des Amtes für Kultur und Freizeit beworben – mit einem Foto, das eine Kurdin mit einem Maschinengewehr neben einer Fahne der Parastina Jin und dem Abbild des Gründers der PKK, Abdullah Öcalan, zeigt.
Es war vorhersehbar, dass die Veröffentlichung dieses Bildes die Gemüter vieler Türken in Nürnberg erregt. Erst wetterte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, warum die Stadt Nürnberg mit dem „Anführer einer terroristischen Organisation" werbe. Danach schaltete sich der türkischen Generalkonsul Serdar Deniz ein und beschwerte sich beim Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly. Es handele sich bei der Ausstellung um „die Verherrlichung einer Terrororganisation des in Haft sitzenden Führers der PKK/YPG“.
Daraufhin ließen sich die Verantwortlichen der Stadt Nürnberg juristisch beraten. Rechtsamt und Staatsanwaltschaft wiesen auf das Verbot von Öcalan-Abbildungen hin. Danach verschwand das Foto aus den sozialen Medien, und auch in der Ausstellung wurde das Bild abgehängt. Die Stadt Nürnberg hat dem Druck nachgegeben. Schließlich gehört Nürnberg zu Bayern, das bekannt dafür ist, Verstöße gegen das Zeigen von Symbolen der Freiheitsbewegung penibel zu verfolgen.
Die Fotografin selbst zeigt sich „schockiert“, und es liegt ihr übrigens auch fern, „Werbung für die PKK“ zu machen. Sie sieht vielmehr die Freiheit der Kunst in Gefahr.
Mittlerweile hat die örtliche Presse den Fall aufgegriffen und fragt unter dem beanstandeten Foto „Künstlerische Freiheit oder Propaganda für die verbotene kurdische PKK?“ Darüber wird nun heftig diskutiert. Eigentlich könnte der Ausstellung gar nichts Besseres passieren und die Fotografin müsste sich für die – unfreiwillige – Öffentlichkeitsarbeit beim türkischen Konsul bedanken.
Wieder einmal zeigt sich hier die Absurdität des vom Innenministerium vor zwei Jahren verschärften Symbolverbots, das immer wieder auch die Frage nach Erdogan-gefälliger Zensur aufwirft.
Dass das Türkische Generalkonsulat städtische Stellen in Nürnberg mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, ist bekannt. Auch Veranstaltungen der örtlichen Volkshochschule gerieten schon ins Visier, so zum Beispiel ein Info-Abend im Jahr 2017 mit dem Titel „Kurd Kurdî Kurdîstan“. Die Formulierung „Lernen Sie ein Volk und seine Geschichte kennen, das um seine Selbstbestimmung ringt“ veranlasste das Konsulat zu einer (erfolglosen) Intervention beim Presseamt der Stadt Nürnberg. Damals noch ließ die Stadt das türkische Konsulat abblitzen. Schade, dass jetzt im Fall der Ausstellung von Laurence Grangien anders entschieden wurde.