Zozan Çewlîk: Die Strategie des revolutionären Volkskrieges ausweiten

Freiheit und Demokratie können sich zu Gunsten der Völker entwickeln. Das hängt natürlich von dem Kampf ab, den die Kräfte der Freiheit zu führen haben. Wenn wir den Kampf verstärken, können wir die Politik der Verleugnung und Vernichtung zerschlagen.

Zozan Çewlîk, Kommandantin der YJA Star im Volksverteidigungszentrum (NPG), hat sich im ANF-Interview zu aktuellen Entwicklungen in Kurdistan und dem Nahen Osten geäußert. Wir veröffentlichen den zweiten Teil des Interviews.

Wir beobachten, dass der türkische Besatzungsstaat parallel zu seinen Angriffen seine Beziehungen zur PDK vertieft. Wie beurteilen Sie dieses Thema?

Die türkische Armee hat Schwierigkeiten mit unserer Guerilla und versucht, ihre Hand mit diplomatischen Schritten und praktischen Änderungen zu stärken, um diese Blockade zu überwinden. Alle Treffen, die der Kriegsminister Hakan Fidan im Irak, in Hewlêr und im Iran abhielt, zielten darauf ab, unsere Bewegung zu zerstören und unser Volk zu ermorden. Nach diesen Treffen war die Politik der PDK auf eine noch intensivere Zusammenarbeit ausgerichtet. Der Verrat kurdischer Herrscher ist seit Yavuz Sultan Selim tief verwurzelt. Dieser Prozess hat sich seither nicht geändert. In allen kritischen Momenten der Geschichte haben innerer Zerfall und Separatismus zu Katastrophen geführt. Ich spreche von Ansätzen, die nicht die Einheit und Unabhängigkeit des Volkes als Grundlage nehmen, sondern ohne zögern die heiligsten Werte um ihrer eigenen Interessen willen zerstören. Der Ansatz, nichts anderes als die Interessen des eigenen Familienclans sehen, dauert bis in die Gegenwart an. Auch die gescheiterten kurdischen Aufstände des 19. Jahrhunderts sind auf diese kollaborative, finstere und verräterische Haltung zurückzuführen. Die als PDK bekannte Formation in Başûrê Kurdistanê [Südkurdistan] hat dieses hässliche Gesicht der Geschichte wieder aufleben lassen. Sie spielt eine effektive Führungsrolle in prinzipienlosen Beziehungen mit den Feinden unseres Volkes und hat die Aufgabe übernommen, jede Art von Widerstand zu ersticken.

In diesen Jahren, in denen selbst die primitivsten Stämme in der ganzen Welt zu politischer und nationaler Macht und Organisation gelangten, hat die PDK unsere nationale Einheit gespalten, zersplittert und geschwächt. Sie haben eine nationale Entwicklung für Kurdistan und das älteste und widerstandsfähigste Volk der Geschichte mit der günstigsten geografischen Lage verhindert. Sie haben nicht darauf verzichtet, die Rolle der gefährlichsten Agentenzentren zu spielen, um die Entwicklung eines Kampfes auf unabhängiger Basis zu verhindern. Diese Jahre waren für unser Volk verlorene Jahre, in denen die Hoffnung völlig verloren ging. Wenn es die Freiheitsbewegung Kurdistans und die PKK nicht gegeben hätte, wäre die Geschichte für uns zu Ende gewesen. Mit der Entwicklung des Freiheitskampfes in Kurdistan unter der Führung von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] ist die PDK nun in eine Situation geraten, in der sie völlig verlieren wird, wenn sie ihre alte Politik nicht aufgibt. Kollaborierende Kräfte sind immer abhängig vom Willen der herrschenden Macht. Wenn die herrschenden Mächte es verlangen, treten sie mit verschiedenen Methoden in Konflikte ein. Tatsächlich wurde die PDK in diese Konflikte hineingezogen. Mit diesem Plan versucht die Republik Türkei, Başûr zu kontrollieren und zu besetzen. Zu diesem Zweck will sie auch die YNK einschüchtern und sie zur PDK machen. Die Republik Türkei hat die Familie Barzanîs und die PDK zu Leibwächtern gemacht.

Mit den Beziehungen zur PDK gab es einen zweiten Eingriff in den blockierten Kriegsverlauf. Der erste Eingriff betraf die Koordinierung und Taktik des Krieges. Die zweite Intervention erfolgte durch die Beziehungen, die mit der PDK und den regionalen Mächten aufgebaut wurden. Die PDK hat Başûr auf der Grundlage ihrer schmutzigen Interessen der Türkei ausgeliefert. Mit dem Wechsel der Koordination Mitte September wurden Veränderungen in der Vorgehensweise der PDK deutlicher. Die Dêralok-Linie wurde von den Zêrevanî- und Roj-Banden [Kampftruppen der PDK] gehalten, einige Gebieten zwischen Girê Hekarî, Çarçel und Girê Amêdî werden zusammen mit türkischen Militärs gehalten. Diese Banden bilden sozusagen ein Schutzschild, um zu verhindern, dass unsere Guerilla die türkische Armee angreift. Wie aus den Bildern in den Medien hervorgeht, werden die türkischen Soldaten unter den Fittichen der PDK eingesetzt. Diese schmutzige und reaktionäre Allianz ging im Oktober in eine neue Phase über. Sie öffneten sogar den Berg Barzan, der für die Familie Barzanî angeblich eine heilige Bedeutung hat und nach dem sie sich genannt hat, für die feindliche Besatzung. In den unantastbaren Gebieten von Barzan, die von ihnen selbst als heilig angesehen werden, haben die türkischen Streitkräfte inzwischen an sechs Orten Stellung bezogen und ihre Besatzungsangriffe ausgeweitet. Das Heilige ist das Unberührbare. Heilig ist etwas, wenn du nicht zögerst, dein Leben dafür zu geben. Die PDK hat ihre eigenen Heiligtümer mit Füßen getreten und verletzt, als sie es zugelassen hat, dass die Stiefel türkischer Soldaten den Boden von Barzan betreten.

Unsere Guerilla hat in Mexmûr gegen den IS, die Geißel der Menschheit, gekämpft. Nachdem sie ihre Aufgabe dort erfüllt hatte, wurde die Sicherheit des Lagers den Selbstverteidigungskräften der Bevölkerung überlassen. Nach erfolgreichem Abschluss unseres Rückzugs haben wir die Situation über die Medien öffentlich gemacht. Die PDK nutzte dies sofort aus und versuchte, das von den Guerillakräften geräumte Gebiet zu halten. Sie geriet in ein Gefecht mit den irakischen Streitkräften. An der Bradost-Linie wiederum versucht sie aufgrund ihres pragmatischen Charakters, das Gebiet Linie zwischen Xakurke und Qendîl gemeinsam mit der irakischen Armee zu halten. Es war die PDK, die alle Teile von Başûr, insbesondere Hewlêr, für den [türkischen Geheimdienst] MIT geöffnet hat. Die Verantwortlichen für den Anschlag auf Deniz Bülbün sind bekannt sind, trotzdem versuchen sie, es im Dunkeln und im Unklaren zu lassen. Inzwischen geht es nicht einmal mehr um die Frage, ob die PDK eine nationale Seite hat, sogar ihr verbaler primitiver Nationalismus steht zur Diskussion.

Welche Erwartungen haben Sie schließlich für die nächste Phase des Guerillawiderstands und die nahe Zukunft? Haben Sie eine Botschaft für die Öffentlichkeit?

Man sollte wissen, dass 2023 und das kommende Jahr mit einem sehr harten, umfassenden und weitreichenden Krieg einhergehen wird. Unser Volk, die linken sozialistisch-demokratischen Kreise, die antisystemischen Kräfte und die Frauenbefreiungsbewegungen sollten ihre Selbstverteidigungsnetze stärken und ihre Widerstandsschwerpunkte entsprechend der Strategie des revolutionären Volkskrieges ausweiten.

Das erste Jahrhundert der Republik Türkei basierte auf der Leugnung und dem Völkermord an den Kurdinnen und Kurden und hat sich entsprechend entwickelt. Das zweite Jahrhundert könnte der Beginn einer neuen Ära sein, um die Politik der Leugnung und Vernichtung zu überwinden und die kurdische Frage zu lösen. Im Hinblick auf die Einheit der Völker kann sich daraus eine Chance für eine Lösung entwickeln. Freiheit und Demokratie können sich zu Gunsten der Völker entwickeln. Das hängt natürlich von dem Kampf ab, den die Kräfte der Freiheit zu führen haben. Wenn wir den Kampf verstärken, können wir die Politik der Verleugnung und Vernichtung zerschlagen.

Solange diese Bewegung tapfere und mutige Heldinnen und Helden wie Leyla Sorxwîn, Dilgeş Gûzereş, Axîn Mûş, Hêjar Zozan, Rojhat und Erdal hat, wird die Politik des Völkermords besiegt werden. Der Erfolg ist unausweichlich. Dafür muss jedoch ein ganzheitlicher Kampf im Sinne der revolutionären Volkskriegsstrategie geführt werden. Wir werden den Feind besiegen und ein freies Leben mit einem radikaleren Verständnis des Kampfes aufbauen, der auf der Achse des Paradigmas der demokratischen Nation in den Bergen, in den Ebenen, in den Städten, im Sommer und im Winter zu führen ist. In dieser Überzeugung senden wir unsere Grüße aus den Bergen Kurdistans an alle Widerstandskräfte, insbesondere an die Jugend und die Frauen, und wünschen ihnen Erfolg.