Rebellisches Zusammentreffen im Wendland

Ein Großteil der zapatistischen Delegation für die Reise des Lebens kam im Wendland mit Menschen von links und unten aus ganz Deutschland zusammen, um zu feiern, zu trauern, zu träumen und den gemeinsamen Kampf zu organisieren.

Mitten im Wendland trafen sich vom 29. September bis 3. Oktober die Regionalvernetzungen und Einzelpersonen mit der Delegation, um das Netz der Rebellion zu reflektieren und weiter zu spinnen. Die Delegation besteht aus Mitgliedern der Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN), des Congreso Nacional Indígena (CNI) und der Frente de Pueblos en Defensa del Agua y la Tierra de Morelos, Tlaxcala y Puebla (FPDTA-MPT), die in einer Reise für das Leben alle fünf Kontinente besuchen möchten, um von den Kämpfen der Kollektive, Initiativen, Gruppen und Projekten der Bewegungen von links und unten zu hören und ihre Erfahrungen zu teilen. Seit dem 14. September bereisen sie das „Rebellische Land“ und befinden sich momentan drei Wochen in Deutschland.

Selbstorganisiertes Camp

Das Camp wurde von allen zusammen organisiert und der Ablauf in regelmäßig stattfindenden Besprechungen abgestimmt. Somit gab es unterschiedliche Arbeiten wie die Betreuung des Infopoints, die Zubereitung des Essens oder die Reinigung der Komposttoiletten. Dabei stellte die „Küfa“ (Küche für alle) eine wichtige Infrastruktur da, um in der Essensschlange, beim Schnibbeln oder gemeinsamen Essen in einen persönlichen Austausch zu kommen. Zusätzlich gab es mehrere Infoständen mit Zines, Büchern, Soli-T-Shirts und vieles mehr. Auch der zapatistische Kaffeestand von den Kaffeekollektiven „Aroma Zapatista“ und „Cafe Libertad“ wurde gut besucht und erfreute viele Menschen mit unterschiedlichen Kaffeezubereitungen.

Feiern, Träumen und Organisieren

Das Rebellische Zusammentreffen wurde mit dem Gedanken geplant, dass alle beteiligten Menschen der Organisierung für die „Reise für das Leben" zusammenkommen, ihre Arbeiten reflektieren und einen gemeinsamen Ausblick für den anstehenden Kampf gestalten. Denn die Compañeras, Compañeros, Compañeroas der Delegation haben ihr langen Weg angetreten, um die Menschen aus ihren vereinzelten Kämpfen wieder zusammenzubringen und den Kampf gegen die Krise des neoliberalen Kapitalismus über Grenzen und Kontinente hinweg zu organisieren. Deshalb wurden tagsüber thematisch verschiedene Arbeitskreise angesetzt, die in den drei Phasen des Feierns, Träumens und Organisierens diskutiert und in Schriften festgehalten wurden.

An den ersten zwei Tagen wurde das Wort an die Delegation gegeben, die in verschiedenen Themenblöcken einen Bericht über ihre Kämpfe und Erfahrungen teilte. Diese Inhalte flossen darauf in die nachfolgenden Arbeitskreise, wo zum einen die Reflexion der Organisation der Delegationsreise durch das Netz der Rebellion und die Kämpfe zu Feminiziden und Selbstverteidigung im autonomen (FLINTA*-only) Rahmen diskutiert wurden. Weitere Themen in den Arbeitskreisen waren die Emotionalität und Authentizität in politischer Arbeit und die Kämpfe im ländlichen Raum. Der Arbeitskreis zu Ökozid und internationalistischen Kämpfen beschäftigte sich mit dem dezentralen Aktionstag gegen den Tren Maya und diskutierte eine langfristige Organisierung bundesweiter Aktionsgruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Verbindende Elemente bei allen Arbeitskreisen waren die Notwendigkeit der Organisierung des kollektiven Handelns und Denkens, um in Zeiten des individualistischen Liberalismus eine nachhaltige Vernetzung und den Austausch möglich zu machen.

Kämpfe verbinden und weiterführen

Aber nicht nur in den Arbeitskreisen wurde über das Verbinden von Kämpfen und kollektivem Handeln gesprochen. Vor allem die Lagerfeuer baten eine schöne Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und Erfahrungen auszutauschen. Des Weiteren gab es viele Filmangebote am Abend sowie eine Ausstellung zu der indigenen Bewegung in Honduras. Am letzten Abend wurde eine Gedenkfeier für die Gefallenen veranstaltet, um an ihre Kämpfe zu erinnern und sie weiterzuführen. Dabei sprachen Menschen von der Mapuche aus Chile, der zapatistischen Bewegung, der kurdischen Bewegung, Aktivist*innen zu Black Lives Matter und Queerfeminismus. Abschließend wurden Namen der Gefallenen mit Botschaften niedergelegt und Kerzen angezündet.  Am Sonntag gab es dann noch eine Abschlusszeremonie, wo nochmal das Erlebte und die wertvollen Erkenntnisse in die große Runde getragen wurden und sich für den gemeinsamen Austausch bedankt wurde. Am Ende wurde eine Grußbotschaft an die zapatistischen Gemeinden in Chiapas und im Sinne der internationalen Solidarität ein Solifoto für die Betroffenen der gewaltsamen Auflösung der „Zeltkommune“ in Straßburg gemacht.

„Berxwedan Jîyan e“ (Kurdisch für „Widerstand heißt Leben“)

Aufbau einer langfristigen Organisierung

Das Rebellische Zusammentreffen hat gezeigt, dass es ein kollektives Verständnis der verschiedenen Kämpfe braucht. Es wurde viel voneinander gelernt, sich gegenseitig zugehört und ausgetauscht, was als ein Beginn der langfristigen Organisierung gesehen werden kann. Bei den darauf folgenden Treffen wird es darum gehen müssen, diese neu geknüpfte Netz der Rebellion zu stärken und verbindliche Strukturen aufzubauen. Es wird gemeinsame Werte und Ziele brauchen, die die Bewegung von links und unten zu dem Aufbau kommunaler Lebensformen führt und ein kollektives Handeln ermöglichen kann.