Kalkan: Der Faschismus ist umzingelt
Duran Kalkan (PKK) hat in einem TV-Interview die innere Zersplitterung des Regimes in der Türkei dargelegt und betont: „Der AKP/MHP-Faschismus wird dieses Jahr zerschlagen werden.“
Duran Kalkan (PKK) hat in einem TV-Interview die innere Zersplitterung des Regimes in der Türkei dargelegt und betont: „Der AKP/MHP-Faschismus wird dieses Jahr zerschlagen werden.“
Duran Kalkan, Mitglied des Exekutivkomitees der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), sieht den jüngsten Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen sowohl als Ermutigung zum Widerstand als auch als Kritik am eigenen Vorgehen.
Am 27. November sind Angehörige der PKK und PAJK in türkischen Gefängnissen gegen die Isolationshaft des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan in den Hungerstreik getreten. In einem von Medya Haber TV ausgestrahlten Interview mit dem Journalisten Hoşeng Yılmaz erklärte Kalkan zum Kampf der Gefangenen: „Es ist ohnehin ein großer Kampf, im Gefängnis existieren und überleben zu können. Dem haben sie jetzt noch den Hungerstreik hinzugefügt. So haben sie dem Widerstand eine weitere Ebene gegeben. Sie nehmen am Kampf draußen teil. Sie wollen das System der Isolation und Folter auf Imrali zerschlagen und die physische Freiheit des Vorsitzenden Apo wiederherstellen. Denn die Isolation auf Imrali ist zugleich unser aller Isolation.“
Motivation und Kritik
Die dem Hungerstreik innewohnende Kritik am Handeln seiner Partei beschreibt Kalkan folgendermaßen: „Wenn wir in der Lage gewesen wären, stärker gegen den AKP/MHP-Faschismus zu kämpfen, dann wären die Genoss*innen im Gefängnis nicht in so einer schweren Situation. Ich sehe da auch Verantwortung bei uns. Jeder sollte das erkennen. Auch die Gesellschaft sollte das tun. Alle demokratisch-revolutionären Kräfte sollten das erkennen. Wir werden mit aller Kraft daran arbeiten, unsere Schwächen zu überwinden. Für uns ist das ein Gegenstand von Selbstkritik.
Außerdem sind es Revolutionär*innen, die in den Gefängnissen Widerstand leisten. Sie haben Forderungen für die Gesellschaft, nicht für sich selbst. Wir müssen die Gefangenen unterstützen. Wir können nicht sagen: ‚Im Gefängnis gibt es Repression und deshalb gibt es Aktionen.‘ Die Revolutionär*innen in den Gefängnissen haben eine Vorreiterrolle. Sie haben vor allen anderen verstanden, worauf wir in den Gefängnissen und auch außerhalb zusteuern, wenn das System von Folter und Isolation auf Imrali nicht zerschlagen wird. Dieses System wollen sie zerstören. Sie kämpfen für die Rettung der Gesellschaft vor dem Faschismus. Sie kämpfen für die Freiheit.
In dieser Lage geht es nicht darum, die Gefangenen zu unterstützen, stattdessen müssen alle die herrschenden Umstände erkennen, den AKP/MHP-Faschismus zerschlagen und für Freiheit und Demokratie kämpfen. Sie müssen für sich selbst kämpfen. Ja, lasst uns um den Gefängniswiderstand herum zusammenkommen, aber lasst uns dabei im Kopf behalten, dass wir auch für uns selbst kämpfen. Wenn die Gefangenen unter derart eingeschränkten Bedingungen in Aktion treten können, dann können die Menschen draußen mit all den Möglichkeiten, die sie haben, Unmengen an wirkungsvolleren Methoden finden. Sie können noch vielfältigere Aktionsformen entwickeln.“
Erdogan ist unter der Kontrolle faschistischer Gangs
Die in der Türkei zu beobachtenden Gespräche über „Reformen“ sieht Kalkan unter anderem als Folge der Wahlergebnisse in den USA. Er unterstreicht in dem Interview zudem die zunehmenden Probleme innerhalb der Regierungskoalition: „Wir konnten eine Einschränkung der Beziehungen zwischen AKP und MHP beobachten. Die MHP verlor an Macht und die Einheit von AKP und MHP schien zu zerbrechen. Alaatin Çakıcı [ein rechtsradikaler Mafiaboss, Anm. d. Übers.] hat deshalb quasi eine Drohung gegenüber Erdoğan ausgesprochen. Der hat die Drohung auch verstanden und hat Bülent Arınç und andere direkt links liegen gelassen. Er hat kapituliert. Eigentlich hat er sich dem MHP-Faschismus komplett ergeben. Er ist jetzt unter der Kontrolle faschistischer Gangs.“
„Ich hoffe, dass sie uns unseren Abzug aus dem Şengal nicht bereuen lassen werden“
Vor dem Hintergrund der von den USA, der Türkei, der irakischen Zentralregierung und der PDK koordinierten Besatzung des Şengals bekräftigte Kalkan die Notwendigkeit des Fortbestehens der Selbstverwaltung in der vorwiegend von Ezid*innen bewohnten Region und wies auf die diskriminierende Politik der USA und des Irak hin: „Wenn du dich aufmachst eine Gesellschaft, die von der PKK vor dem Völkermord durch den IS gerettet wurde, zu massakrieren, bist du sicherlich kein Held. Dann bist du eine Abwandlung des IS, ein Schatten des IS. Du bist dann ein Teil des IS. Seite an Seite mit dem IS gesehen zu werden, ist für niemanden gut. Ich hoffe, dass sie uns unseren Abzug aus dem Şengal nicht bereuen lassen werden. Dass sie die PKK nicht zum Eingreifen zwingen werden.“
„Erdoğans und Bahçelis Faschismus wird dieses Jahr zerschlagen werden“
Im Verlauf des Interviews gab Kalkan zudem eine Einschätzung der momentanen Lage der Kampagne „Schluss mit Faschismus, Isolation und Besatzung: Zeit für Freiheit“ ab: „Die Berge, die Städte, die Gefängnisse, alle Ecken dieser Erde sind zu Orten des Widerstands geworden. Das muss weiter ausgebaut werden. Der Beitrag aus den Gefängnissen ist sehr wichtig. Die Gefangenen haben uns immer Siege gebracht. Die demokratische Politik ist im Widerstand. Sie hat viele Gefangene hergeben müssen. Sie ist mutig und entschlossen. Alle müssen dort, wo sie sich befinden, den Widerstand weiterführen. Der Faschismus ist der Feind aller. Er ist dein Feind und mein Feind. Er ist der Feind des denkenden Menschen. Er ist der Feind der Heimat, der Gesellschaft, der Freiheit und der Demokratie. Deshalb werden wir alle angegriffen. Deshalb müssen sich auch alle dem Widerstand gegen den Faschismus anschließen. Alle müssen sich widersetzen.
Der Widerstand der Frauen ist sehr wichtig, genau wie der Widerstand der Mütter. Die, die als Mütter der Gefallenen, Mütter der Gefangenen oder Friedensmütter organisiert sind, haben immer eine wegweisende Rolle innegehabt. Auch jetzt haben sie diese Rolle. Sie sind kraftvoll. Der Frauenwiderstand ist insgesamt kraftvoll. Eine große revolutionäre Bewegung schreitet voran auf der Basis, die von der Offensive der KJK gegen Misshandlung, Vergewaltigung und Feminizide gelegt wurde. Der Kampf der Frauen ist kein begrenzter Widerstand. Deshalb gibt es auch viele Angriffe auf Frauen. Aber die Frauen lassen diese Angriffe nicht unbeantwortet.
Auch die Jugend ist im Widerstand. In all diesen Widerständen kommt der Jugend eine wichtige Rolle zu. Zu Ehren des 43. Gründungsjubiläums unserer Partei haben sich 43 junge Leute angeschlossen. Ich grüße sie alle. Und es gab weitere Erklärungen. Die Jugend schließt sich der Partei und der Guerilla an. An jedem Ort schließt sie sich dem Kampf an. Denn selbstverständlich findet der Kampf überall statt. Unsere Partei ist überall und der Widerstand ist überall. Die Jugend muss sich dem an jedem Ort anschließen. Sie muss als Wegweiser am Widerstand teilnehmen. Sie muss mit Aufopferung daran teilnehmen.
Die PKK ist mit dem Ziel, den AKP/MHP-Faschismus zu beenden, in das 43. Jahr ihre Bestehens getreten. Die allgemeine Situation begünstigt das. Der Faschismus bricht Stück für Stück zusammen. Er zersplittert im Innern in tausend Teile. Er ist von allen Seiten her isoliert. Er ist komplett umzingelt. Erdoğans und Bahçelis Faschismus wird dieses Jahr zerschlagen werden. Alle sollten daran glauben, dies zum Ziel nehmen und entschlossen sein, es zu vollbringen.“