Şengal: Intensive Bemühungen für gutes Gesundheitssystem

Die autonome Selbstverwaltung der ezidischen Region Şengal im Irak bemüht sich trotz aller Einschränkungen, ein gutes und effektives Gesundheitssystem aufzubauen, damit Kranke vor Ort behandelt werden können.

Die Region Şengal ist ein vom Genozid gezeichnetes Gebiet. Die ezidische Bevölkerungsmehrheit geriet immer wieder ins Fadenkreuz von Dschihadisten und ihren türkischen Verbündeten. Der Genozid vom 3. August 2014, als der Islamische Staat (IS) tausende Ezid*innen entführte und viele massakrierte, stellte den Gipfel des Leids dar, das die ezidische Bevölkerung erdulden musste. Alleingelassen von den Institutionen, Organisationen und Sicherheitskräften der Region Kurdistan und des Iraks baute sie mit Hilfe der Selbstverwaltung in Rojava und der kurdischen Freiheitsbewegung eine Selbstverteidigung und Selbstverwaltung auf. Durch die massiven Angriffe und den Rückzug insbesondere der südkurdischen PDK kam es zu schwerwiegenden Problemen, insbesondere auch im Gesundheitsbereich. Hunderte, darunter alte Menschen, Kinder und Frauen, starben aufgrund des Fehlens medizinischer Ausrüstung, von Ärzt*innen und von Gesundheitspersonal.


Mit der Vertreibung der Dschihadisten aus Şengal begann die Errichtung eines demokratischen Systems und der Wiederaufbau der Dörfer. Diese Faktoren beförderten die Rückkehr von vielen der über einhunderttausend aus der Region geflüchteten Menschen. Die Selbstverwaltung von Şengal hat in diesem Sinne die Frage der Gesundheitsversorgung priorisiert.

Der Weg zum Aufbau eines guten Gesundheitssystems ist noch steinig. Er begann mit der Einrichtung eines Gesundheitsrats mit Unterstützung von Heyva Sor a Kurd (Kurdischer Rote Halbmond) Ende des Jahres 2014. Die Ratsmitglieder besuchten das Serdeşt-Camp in der Şengal-Region jeden Tag und versuchten, Lösungen für die Probleme der Menschen zu finden. Etwa ein Jahr lang wurden die Menschen in Zelten behandelt.

Aufbau des ersten Krankenhauses und einer medizinischen Infrastruktur

Nach der Vertreibung des IS aus Şengal wurden neue Möglichkeiten geschaffen, das medizinische Netzwerk auszubauen. Nun stellte aber das Embargo der PDK ein großes Hindernis dar. Trotz Blockade wurde das Krankenhaus Şehîd Şubat im Serdeşt-Camp im Februar 2015 eröffnet. Die Eröffnung des Krankenhauses stellte einen wichtigen Schritt bei der Entwicklung der medizinischen Versorgung der Region dar. Darüber hinaus wurden Krankenhäuser in den Städten Xanesor und Borik und medizinische Versorgungszentren in den Dörfern Mediban und Bircari eröffnet.

30-köpfiges medizinisches Personal im Einsatz

In den Krankenhäusern in Serdeşt, Xanesor und Borik arbeiten drei Ärzt*innen. Zwei von ihnen sind auf Diabetes, Typhus, Grippe und Nierenerkrankungen spezialisiert. Darüber hinaus gibt es eine Gynäkologin.

Die Region Şengal verfügt über drei Krankenhäuser und zwei Gesundheitszentren. In den Krankenhäusern und Gesundheitszentren arbeiten dreißig Personen im medizinischen Bereich. Täglich zwischen 8 und 12 Uhr werden die Patienten in Polikliniken aufgenommen, während die Notaufnahme rund um die Uhr geöffnet ist.

Macid Miço, einer der Patienten, die im Krankenhaus von Xanesor behandelt werden, erklärte gegenüber RojNews: „Das Krankenhaus bietet allen Menschen den gleichen Service an, ohne jegliche Diskriminierung. Wir sind mit den erbrachten Leistungen sehr zufrieden. Wenn das nicht gewesen wäre, müssten wir für jedes Problem nach Hewlêr (Erbil) oder Dihok fahren.“

Aufklärung

Nach der Einberufung des Volksrats von Şengal wurde unter dem Dach der Versammlung ein Gesundheitsrat eingerichtet. Der Ausschuss hat seine Aktivitäten im Laufe der Zeit erweitert. Es wurden Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen für die Bewohner*innen durchgeführt und Dutzende von jungen Menschen wurden in Fortbildungen in der Region geschult. Xezal Mecdin, eine der Auszubildenden, erklärt: „Als Menschen in der Şengal-Region brauchen wir Gesundheitsversorgung. Als Jugendliche, die an dieser Ausbildung teilnehmen, glauben wir, dass wir so einen Beitrag dazu leisten können.“

Gesundheitsversorgung immer noch prekär

Aufgrund der eingeschränkten Versorgung der Region können immer noch nicht alle Gesundheitsdienstleistungen in der Region erbracht werden, und Kranke müssen nach Mosul, Hewlêr oder Dihok überwiesen werden. Die Fahrt in diese Städte ist jedoch aufgrund des Embargos nicht einfach. Immer wieder müssen Sperren umfahren werden. Der einzige Weg, sich selbst zu versorgen, führte über Rojava. Dieser Korridor wurde jedoch am 15. Januar 2018 von der irakischen Armee gesperrt.

Keine Unterstützung aus Bagdad

Das irakische Gesundheitsministerium hat dem Gesundheitskomitee von Şengal bisher ebenfalls jede Hilfe verweigert. Auch die Öffnung des Korridors nach Rojava steht in weiter Ferne. Der Arzt Dr. Sileman erklärt: „Der humanitäre Korridor zwischen Şengal und Rojava sollte geöffnet werden. Die Regierung in Bagdad sollte uns auch in dieser Angelegenheit helfen.“