„Wir wahren unser Recht auf Selbstverteidigung“

Frauen greifen zur Selbstverteidigung, da die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt nicht umgesetzt werde, erklärt Cansu Ekmen von der Frauenorganisation „Lila Solidarität“.

Nach der Inhaftierung von Melek Ipek, die ihren Ehemann und Peiniger nach schwerer Misshandlung und Todesdrohungen gegen sie und ihre Kinder in Antalya erschossen hatte, fordern viele Frauen in der Türkei und Nordkurdistans die Anerkennung des Rechts auf Selbstverteidigung.

Das Netzwerk von Vereinen der Bewegung „Lila Solidarität“ (Mor Dayanışma) kämpft gegen patriarchale Gewalt in der Türkei und Nordkurdistan. Cansu Ekmen ist Mitglied der Frauenorganisation und fordert Mechanismen zur Prävention von patriarchaler Gewalt. Gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya erklärte sie, dass Frauen aufgrund der Nichtumsetzung der Istanbul-Konvention oder von Gesetzen zum Schutz von Frauen wie etwa dem Gesetz Nr. 6284 gar keine andere Wahl hätten, als zur Selbstverteidigung zu greifen. Auch Melek Ipek hat sich selbst verteidigt, daher müsse sie sofort freigelassen werden.

Straflosigkeit stärkt die Männer

„Wir Frauen wollen unser Leben nicht aufgeben. Wenn die Schutzregelungen umgesetzt würden, würde keine Frau Gewalt erfahren oder getötet werden”, erklärt Ekmen. „Die Straflosigkeit macht die Männer stark. Mit einer feindlichen Politik sollen die Frauen hilflos gemacht werden. Als Frauen werden wir weder unser Leben noch die Straßen aufgeben. Wir werden das Verfahren bis zu Melek Ipeks Freiheit genauestens verfolgen und für unser Recht auf Selbstverteidigung eintreten.“

Wer ist die „Lila Solidarität“?

Die Organisation „Lila Solidarität“ richtet sich ihrem Selbstverständnis zufolge gegen „das patriarchale kapitalistische System, das seine Herrschaft auf den Körpern von Frauen, ihrer Arbeit und ihrer Identität aufbaut“. Die Bewegung steht für „Selbstorganisierung, Widerstand und Kampf um Freiheit“.

In ihrer Selbstdarstellung heißt es: „Die Lila Solidarität ist die Widerstandsfahne der Frauen, die gegen Belästigung, Frauenmorde, Krieg, Chauvinismus und Assimilation, Ausbeutung von Arbeit und Körper, Ausplünderung der Umwelt, Homophobie, gegen jede Formen der Hierarchie, jede Form von Gewalt gegen Frauen unter der Parole ‚Frauensolidarität‘ kämpfen und Verantwortung für das eigene Leben übernehmen.“

Die Bewegung tritt für eine unabhängige Frauenorganisation und einen „Bruch mit dem patriarchalen Denken und seinen Mitteln“ ein. Die Arbeit der Initiative reicht von Filmen über Selbstverteidigungsworkshops bis hin zu Veranstaltungen, Demonstrationen und Aktionen.