US-Bericht zeigt Menschenrechtsverletzungen in Irak-Kurdistan auf

Im Länderbericht über die Menschenrechte im Irak werden erhebliche Verletzungen in der Region Kurdistan festgestellt, darunter willkürliche Verhaftungen, Einflussnahme der Regierung auf die Justiz, Missachtung der bürgerlichen Freiheiten und Korruption.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Einflussnahme der Regierung auf gerichtliche Entscheidungen, Missachtung der bürgerlichen Freiheiten und Korruption gehören zu den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in der Kurdistan-Region Irak (KRI), die von Menschenrechtsorganisationen festgestellt und in einem aktuellen Bericht des US-Außenministeriums aufgeführt wurden.

Die beiden wichtigsten kurdischen politischen Parteien, die Demokratische Partei Kurdistans (KDP, ku. PDK) und die Patriotische Union Kurdistans (PUK, ku. YNK), unterhalten jeweils einen unabhängigen Sicherheitsapparat, heißt es in dem in der vergangenen Woche veröffentlichten US-Länderbericht 2022 über die Menschenrechte im Irak.

Obwohl die kurdische Regionalregierung (KRG) das Recht habe, interne Sicherheitskräfte zu unterhalten, kontrollieren beide Parteien getrennt voneinander zusätzliche Peschmerga-Militäreinheiten und separate Polizeikräfte und betreiben separate Geheimdienste, so der Bericht.

Willkürliche Festnahmen, lange Untersuchungshaft

Den Gefängnissen in der KRI bescheinigt der Bericht „langfristige Probleme wie Überbelegung, unzureichende Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen, Gewaltanwendung bei der vorläufigen Inhaftierung und veraltete Infrastruktur in Frauen- und Jugendstrafanstalten“. Das begrenzte medizinische Personal sei nicht in der Lage, allen Gefangenen eine angemessene medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Laut NGO-Berichten würden Gefangene über lange Zeiträume in Untersuchungshaft gehalten, Staatsanwälte und Verteidiger stießen bei ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse und Prozesse würden aus administrativen Gründen unnötig verzögert.

Das US-Außenministerium zitiert Menschenrechtsorganisationen, die berichteten, dass neben den irakischen Institutionen auch die Peschmerga und die Sicherheitskräfte in der Region Kurdistan häufig Gesetze missachteten, die willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen verbieten und allen das Recht geben, die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme oder Inhaftierung vor Gericht anzufechten. „Menschenrechtsorganisationen berichteten häufig, dass die Behörden der KRG Journalisten, Aktivisten und Demonstranten willkürlich festnahmen", heißt es in dem US-Bericht.

Politische Beeinflussung der Justiz

Obwohl der Kurdische Justizrat rechtlich, finanziell und verwaltungstechnisch unabhängig vom Justizministerium der KRG sei, hätten „hochrangige KRG-Führer Berichten zufolge politisch heikle Fälle beeinflusst". Die beiden größten Parteien der Region Kurdistan haben laut US-Department „Einfluss auf richterliche Ernennungen und Entscheidungen genommen".

Zivile Opfer durch türkische Angriffe

Der Bericht geht auch auf zivile Opfer der türkischen Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).im kurdisch besiedelten Nordirak ein: „Im Juni bestätigten Medienberichte, dass zwei Zivilisten, darunter ein Kind, bei einem Luftangriff in Sinjar [Şengal] ums Leben kamen, der nach Angaben der Sicherheitskräfte Teil der im April begonnenen ,Operation Claw-Lock' der türkischen Regierung war. Am 20. Juli beschoss die türkische Artillerie Berichten zufolge einen Ferienort im Bezirk Zakho in der Provinz Dohuk, wobei neun Zivilisten getötet und 22 weitere verletzt wurden", heißt es in dem Bericht, der darauf hinweist, dass die türkische Regierung die Verantwortung für den Angriff bestreitet.

Verletzung der Pressefreiheit

In einem Abschnitt über bürgerliche Freiheiten erwähnt der US-Bericht, dass Dutzende Aktivist:innen und Journalist:innen festgenommen wurden. Bei Protesten im August seien Journalisten an ihrer Arbeit gehindert worden. Als Beispiele für die Verletzung der Pressefreiheit in der Region werden die Festnahmen eines VOA-Korrespondenten im August in Silêmanî und der Journalisten Sartip Waisi und Ibrahim Ali von der Online-Nachrichtenagentur Bwar in Hewlêr (Erbil) im Oktober genannt.

„Während die KDP und die PUK aufgrund der ihnen gehörenden Medien einen privilegierten Zugang zu öffentlichen Informationen haben, hatten die den Oppositionsparteien angehörenden oder nicht parteigebundenen Medien nur begrenzten Zugang", so der Bericht. Die Regierung greife in die Arbeit der Medien ein, was zuweilen zur Schließung von Medieneinrichtungen, zu Einschränkungen der Berichterstattung, zur Verweigerung des Zugangs zu öffentlichen Informationen und zu Störungen des Internetdienstes führe. Die irakische Regierung und die KRG-Behörden hätten den Internetzugang bei Protesten unterbrochen und verwendeten vage formulierte Gesetze, um Online-Aktivitäten zu kriminalisieren, heißt es unter Berufung auf die Menschenrechtsorganisation Freedom House.

Korruption und Vetternwirtschaft

In der Region Kurdistan habe es zudem Cyberattacken auf Medien gegeben, die über die Korruption der Regierung berichteten. „Korruption ist nach wie vor ein bedeutendes Hindernis für eine effektive Regierungsführung auf allen institutionellen Ebenen, auch in der Region Irakisch-Kurdistan", wird in dem Bericht festgehalten:

„Bestechung, Geldwäsche, Vetternwirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder waren auf allen Ebenen und in allen Zweigen der Regierung verbreitet. Familiäre, stammesbezogene und ethnosektiererische Erwägungen beeinflussten Regierungsentscheidungen erheblich.“