Der Präsident der Kurdistan-Region Irak (KRI), Nêçirvan Barzanî, ist am Donnerstag vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan empfangen worden. Bei dem Treffen im Präsidentschaftspalast in Ankara seien Fragen zu den bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und der KRI sowie regionalpolitische Entwicklungen erörtert worden, hieß es in einer Mitteilung aus dem Barzanî-Büro. Gegenstand der Zusammenkunft war den Angaben zufolge unter anderem der Export von Gas und Öl nach Europa.
„Beide Seiten betonten ihre gegenseitige Bereitschaft, die Beziehungen zwischen der Kurdistan-Region und der Türkei in allen Bereichen zu fördern, insbesondere im Bereich des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, und die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die gemeinsame Partnerschaft des Irak und der Kurdistan-Region mit der Türkei im Bereich der Energie auszubauen, die aktiv dazu beitragen kann, die Lücke im Bereich Erdgas und Energie zu füllen und den weltweiten Bedarf zu decken, insbesondere in Europa“, hieß es weiter.
Als weiterer Punkt wurde die „Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit“ aller drei Regierungen „zum Schutz der Grenzen“ in das Gespräch eingebracht. Neben einer Bedrohung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien ging es dabei hauptsächlich um den Krieg gegen die kurdische Guerilla und die Aggression gegen Rojava sowie das ezidische Şengal. Man sei sich einig, dass das Vorgehen gegen den „Terror“ ausgeweitet werden müsse.
Bei der Suche nach Ersatz für russische Energie sprach sich zuletzt der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Gas- und Ölimporte aus dem Irak aus. „Der Irak wäre für uns ein sehr gern gesehener Kooperationspartner“, sagte der SPD-Politiker vor zwei Wochen bei einem Gespräch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Mohammed Schia al-Sudani in Berlin. Der Irak ist nach Angaben der internationalen Energieagentur der fünftgrößte Erdölproduzent, in der KRI befindet sich ein Drittel der gesamten Ölreserven des Landes. Auch Gas exportiert der Irak über ein 2022 eröffnetes LNG-Terminal der Basra Gas Company. Die Türkei versucht sich derweil als Europas neues Gas-Drehkreuz zu inszenieren - die technischen Vorbereitungen bestehen bereits.
Die KRI-Regierung hat 2013 ohne Abstimmung mit der irakische Zentralregierung ein fünfzigjähriges Abkommen mit der Türkei unterzeichnet, das den Ausbau von Erdöl- und Erdgaspipelines vorsieht, um Kurdistans Reserven in die Türkei und über diese auf den Weltmarkt zu exportieren. Im Januar 2014 floss erstmals kurdisches Erdöl über eine neu gebaute Pipeline direkt vom kurdischen Autonomiegebiet zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan, von wo es seither auf den Weltmarkt gebracht wird - ohne Zustimmung von Bagdad. Die Pipeline verläuft von Xurmala (Churmal) in Helebce (Halabdscha) nach Pêşabûr bei Zaxo an der Grenze zum türkischen Staatsgebiet. Die irakische Zentralregierung spricht der KRI jedoch das Recht ab, ohne vorherige Zustimmung Produktionsverträge abzuschließen. Bagdad stützt sich auf Artikel 111 der irakischen Verfassung, in dem es heißt: „Öl und Gas gehören dem gesamten irakischen Volk in allen Regionen und Gouvernements.“