Verbotene Songs am 8. März
Die Oberstaatsanwaltschaft in der kurdischen Provinz Sêrt (tr. Siirt) hat Anklage gegen sechs Frauen erhoben. Sie sollen auf einer Kundgebung anlässlich des internationalen Frauenkampftags am 8. März „illegale Lieder“ gesungen und damit Propaganda für eine „Terrororganisation“ betrieben zu haben. Den Vorwurf erhebt die Behörde gegen fünf Musikerinnen und eine Aktivistin der Initiative der Friedensmütter. Bei der vermeintlichen „Terrororganisation“, zu deren Gunsten die Frauen geworben hätten, handelt es sich um die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Laut der Staatsanwaltschaft würden nicht wenige Indizien dafürsprechen, dass die fünf Bandmitglieder einer in Sêrt ansässigen Def-Gruppe und die Friedensmutter im Sinne der PKK gehandelt hätten. Aus der fünfseitigen Anklageschrift, die allerdings in großen Teilen der Gründungsphase und der Struktur der PKK gewidmet wurde, geht hervor, dass die Beschuldigten nicht nur das Wort „Kurdistan“ in illegaler Weise verwendeten, um zu demonstrieren, dass sie „in den Diensten der Terrororganisation“ seien.
Dass sie die Ideologie der PKK vertreten würden, hätten die Frauen auch dadurch kundgetan, indem sie „terroristische Lieder“ sangen. Mit den inkriminierten Songs sind kurdische Widerstandslieder wie „Berxwedan xweş doze“ und „Berxwedan jiyan e“ gemeint. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll durch das Singen dieser Stücke bezweckt worden sein, „die Sympathie der Öffentlichkeit für die Organisation zu erhöhen und ihre aktive Unterstützung zu sichern“.
Die Anklageschrift wurde bereits formell von einer der großen Strafkammern in Sêrt angenommen. Einen Termin für den Prozessauftakt will das Gericht jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nennen. Sollte es in dem Verfahren zu einer Verurteilung kommen, droht den angeklagten Frauen eine Freiheitsstrafe in Höhe von bis zu fünf Jahren, eine Verschärfung um die Hälfte des Strafmaßes ist möglich.