Anlässlich des heutigen Weltfrauentags hat der Dachverband der Êzîdischen Frauenräte in Deutschland e.V. (Siwana Meclîsên Jinên Êzidi ‒ SMJÊ) eine Erklärung unter der Überschrift „Mit dem Widerstandsgeist der ,Jin Jiyan Azadî`'-Revolution antworten wir auf 74 Genozide und Femizide“ herausgegeben. Der Dachverband ruft dazu auf, den 3. August als Internationalen Tag gegen Femizid zu etablieren In der Erklärung heißt es:
Zum Anlass des Weltfrauentags 2024 möchten wir als Dachverband der Êzîdischen Frauenräte in Deutschland e.V. den Fokus auf die beständige Notwendigkeit richten, gegen das allgegenwärtige Übel des Femizids anzukämpfen. In Erinnerung an die jüngsten Ereignisse, insbesondere den tragischen Verlust von Yüksel Yagan, einer Mutter dreier Kinder, die am 24. Februar 2024 durch die Hand ihres eigenen Ehemannes ihr Leben verlor, treten wir mit tiefem Respekt und aufrichtigem Mitgefühl hervor.
Unvergessen bleiben auch die heimtückischen Femizide an der jungen Aktivistin Nazê Naif von der ezidischen Frauenbewegung TAJÊ und der Journalistin Nûjiyan Erhan in Xanesor bei Şengal, die sich im März diesen Jahres zum siebten Mal jähren. Sie fielen der Kollaboration des türkischen Staates mit der PDK zum Opfer, welche seit jeher versuchen, jegliche Selbstorganisierung, Selbstverwaltung und Selbstbestimmung der ezidischen Bevölkerung, insbesondere der Frauen in Şengal zu torpedieren. Ihre Schicksale stehen stellvertretend für zahllose Frauen weltweit, die Opfer patriarchaler Gewalt wurden. Femizid, als systematische und weitverbreitete Erscheinung, umfasst nicht nur die physische Auslöschung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, sondern auch eine Vielzahl anderer Formen von Gewalt, die Frauen in jeder Lebenssphäre erfahren.
Durch dieses Unterdrückungs- und Kontrollinstrument versucht das Patriarchat als Herrschaftssystem der kapitalistischen Moderne, den Lebens- und Organisierungswillen der gesamten Gesellschaft auf allen Ebenen zu brechen und diese gefügig zu machen. Wir erheben unsere Stimme gegen diese politische Vernichtungsagenda gegenüber der Gesellschaft und fordern gemeinsam mit unseren Mitstreiterinnen weltweit, dass diese schändliche Form der Unterdrückung ein Ende findet.
Das Fehlen einer expliziten Anerkennung von Femizid als eigenständige Kategorie in nationalen und internationalen Rechtssystemen ist ein unerträglicher Makel, der dringend behoben werden muss. Genozid, der nicht selten in Form von Femizid auftritt, wie das tragische Beispiel von Şengal am 3. August 2014 zeigt, erfordert eine entschiedene internationale Antwort. Nicht nur müssen Täter:innen zur Rechenschaft gezogen werden ‒ vor allem aber muss den Frauen, die diesem Vernichtungsfeldzug zum Opfer fielen, Gerechtigkeit widerfahren. In diesem Sinne begrüßen wir die Kampagne „Gegen Femizide ‒ Seid die Stimme der Selbstverteidigung“ welche die Freiheitsbewegung der ezidischen Frauen (TAJÊ) zum heutigen Tag ausgerufen hat.
Wir rufen daher dazu auf, den 3. August als einen Internationalen Tag gegen Femizid zu etablieren, um dieser bedrückenden Realität im Iran, Afghanistan, Gaza, Tigray, aber auch überall auf der Welt, gemeinsam entgegenzutreten und den Kampf für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu intensivieren. In Solidarität mit allen Frauen weltweit, die gegen die Gewalt des Patriarchats kämpfen, erheben wir unsere Stimmen, um ein klares NEIN! zu den barbarischen Verbrechen des Patriarchats zu formulieren. Möge unsere Einigkeit und Entschlossenheit eine Quelle der Hoffnung sein für all jene, die für ein Leben in Frieden und Würde kämpfen.
Lasst uns gemeinsam das Vermächtnis der Vorreiterinnen Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Bêrîvan, Sakine Cansız, Hevrîn Xelef und Jina Amini tragen und den Weg ebnen für eine Zukunft, in der wir uns selbst befreien und Verantwortung für den Aufbau einer freien Gesellschaft übernehmen! Jin Jiyan Azadî! Es lebe der 8. März!
Titelbild: 8 .März-Demonstration in Şengal (c) RojNews