Botschaft aus Rojava an kämpfende Frauen weltweit

„Wir sind überzeugt, dass Frauen die einzige Kraft sind, die Nationalismus, Faschismus, Patriarchat, Kolonialismus und alle Formen der Unterdrückung besiegen kann“, erklärt Kongra Star in einer Botschaft an Frauen weltweit zum 8. März.

Der Frauenverband Kongra Star in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien ruft dazu auf, die Aktivitäten zum internationalen Frauentag am 8. März in eine globale Frauenrevolution zu verwandeln. In der Botschaft aus Rojava an alle Frauen im weltweiten Widerstand heißt es:

Aus Rojava an Frauen der ganzen Welt

Zum internationalen Frauentag am 8. März grüßen wir alle Frauen, die Widerstand leisten. Dieser Tag, an dem Frauen auf der ganzen Welt auf die Straße gehen, ist eine Errungenschaft der Frauen auf ihrem langen Weg des revolutionären Kampfes. Er ist ein historisches Vermächtnis, das uns von Frauen unter großen Opfern hinterlassen wurde und bis in die Gegenwart reicht. Mit Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Alexandra Kollantai, Leyla Qasim, Sakine Cansiz, Şirin Elem Holi, Mina Keshwar, Berta Caceres und Marielle Franco gedenken wir all der Frauen, die ihr Leben im Kampf um Freiheit gegeben haben. Wir würdigen den Widerstand aller Aktivistinnen und Revolutionärinnen, die im Gefängnis sitzen, weil sie sich gegen unterdrückerische und diktatorische Regime aufgelehnt haben. Wir grüßen alle Frauen auf der ganzen Welt zum 8. März, den wir hier in Nord- und Ostsyrien unter dem Motto „Mit dem freien Willen der Frauen beenden wir die Politik des Völkermords, der Besatzung und der Isolation" begehen.

Globale Entwicklungen: Krieg, Femizid und Rechtsruck

Das vergangene Jahr war von Kriegen und Angriffen auf Frauen und die von ihnen errungenen Rechte geprägt und zeigt deutlich, wie notwendig und wichtig ein starker Widerstand und Kampf gegen das Patriarchat und die damit einhergehende kapitalistische Moderne ist. Wir haben den Ausbruch von Kriegen auf regionaler und globaler Ebene erlebt, die zu Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Femizid und verschiedenen Formen der Unterdrückung geführt haben, zum Beispiel in Kurdistan, Palästina, Syrien, Sudan, Jemen, Iran, Afghanistan, Belutschistan, Lateinamerika, der Ukraine, Miyanmar und vielen anderen Orten. Wir erleben auch einen Rechtsruck und Faschismus auf globaler Ebene, insbesondere in den westlichen Ländern.

Spezieller Krieg gegen Frauen

Diese Kriege und Entwicklungen sind das Ergebnis einer patriarchalischen, männerdominierten Mentalität, die sich vor allem gegen Frauen und den Kampf für Freiheit richtet. Das haben wir mit der gezielten Tötung unserer Genossinnen im vergangenen Monat wieder einmal gesehen. Unsere Weggefährtin Zelal Zagros, die sich in Kerkûk aufhielt, um sich mit Frauenorganisationen zu vernetzen, war das Ziel eines bewaffneten Anschlags des türkischen Geheimdienstes. Sorxwîn Rojhilat und Azadî Dêrik, zwei Mitglieder der Frauenverteidigungseinheiten YPJ, die eine wichtige Rolle im Kampf gegen den IS gespielt haben, wurden bei einem Drohnenangriff getötet. Darüber hinaus wird ein spezieller Krieg geführt, mit dem versucht wird, sich die Kämpfe der Frauen anzueignen oder sie ihrer Inhalte zu berauben und sie in das herrschende kapitalistische System zu integrieren. Dabei geht es um Begriffe wie „feministische Außenpolitik“ oder die Tatsache, dass der Slogan „Jin Jiyan Azadî“ von rechten Politiker:innen verwendet und sein eigentlicher Inhalt, Sinn und Ursprung ignoriert oder kriminalisiert wird.

Weltfrauenkonföderalismus: Gemeinsam sind wir stark

Doch trotz aller Angriffe konnte der unermüdliche Widerstand von Frauen nicht gebrochen werden. Das Erbe des jahrtausendealten Widerstands besteht fort, und Frauen stehen an vorderster Front und kämpfen für ihre Freiheit und die Freiheit ihrer Gesellschaft. Wir sind überzeugt, dass Frauen die einzige Kraft sind, die Nationalismus, Faschismus, Patriarchat, Kolonialismus und alle Formen der Unterdrückung besiegen kann. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir Frauen uns in einer gemeinsamen Strategie zusammenschließen und einen globalen Freiheitskampf gegen den globalen imperialistischen Krieg führen. Die Aktivitäten aller antisystemischen Kräfte und sozialen Bewegungen, die sich unter der Führung von Frauen entwickeln, dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Diese Kräfte müssen zusammenfließen und wie ein Wasserfall zu einer Kraft der Veränderung werden. Wir sind überzeugt, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Freiheit der Frauen sein wird. Das können wir erreichen, indem wir einen demokratischen Weltfrauenkonföderalismus aufbauen, denn gemeinsam sind wir stark.

Wir stehen überall an der Seite der kämpfenden Frauen

Als Frauenbewegung in Rojava und Nord- und Ostsyrien, dem Ort, an dem wir vor zwölf Jahren eine Frauenrevolution begonnen haben und wo wir sie immer noch leben und jeden Tag verteidigen, senden wir diese Botschaft an alle Frauen, die weltweit im Widerstand sind. Wir stehen an der Seite der palästinensischen und jüdischen Frauen, die gegen eine genozidale und frauenfeindliche Politik kämpfen, wir stehen an der Seite der Frauen, die gegen die Taliban in Afghanistan, gegen das Scharia-Regime im Iran, gegen das faschistische Regime von Erdoğan in der Türkei, gegen die Unterdrückung in Belutschistan, gegen fundamentalistische Kräfte und Staaten im Nahen Osten kämpfen, wir stehen an der Seite der Frauen, die gegen den Aufstieg rechter Politik, Faschismus und Unterdrückung im Herzen des Kapitalismus kämpfen.

Für eine weltweite Frauenrevolution am 8. März: Jin Jiyan Azadî!

Wir grüßen alle Frauen, die in den Bergen, auf den Straßen, in den Fabriken und überall sonst Widerstand leisten und jeden Ort mit der Farbe der Freiheit schmücken. Wir rufen dazu auf, sich zu vereinen und den gemeinsamen Kampf zu stärken und die Proteste zum 8. März in eine weltweite Frauenrevolution zu verwandeln. Jin Jiyan Azadî!