Polizeiangriff auf Frauenprotest in Istanbul
In Istanbul sind vier Aktivistinnen bei einer Protestaktion gegen die geplante Annullierung der Konvention gegen Gewalt an Frauen festgenommen worden.
In Istanbul sind vier Aktivistinnen bei einer Protestaktion gegen die geplante Annullierung der Konvention gegen Gewalt an Frauen festgenommen worden.
Mitglieder der Gruppe „Frauenbefreiung“ haben vor der Redaktion der regierungsnahen und ultrakonservativen Zeitung Yeni Akit in Istanbul gegen den von der AKP/MHP-Regierung geplanten Ausstieg aus der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen protestiert. Die Aktivistinnen rollten ein Transparent aus, auf dem geschrieben stand: „Die Frauen- und LGBTI-Feinde werden schweigen, die Istanbul-Konvention wird umgesetzt werden!“
Als die Gruppe eine Erklärung zu ihrer Aktion abgeben wollten, wurde sie von der Polizei angegriffen. Die Aktivistinnen Yıldız İdil, Burcugül Çubuk, Başak Yeşilot und Seher Beytaş wurden festgenommen.
Hintergrund: Die Istanbul-Konvention
Am Mittwoch sind in Ankara 24 Frauen festgenommen worden, die eine Menschenkette für den Erhalt und die Anwendung der Istanbul-Konvention gebildet hatten. In der gesamten Türkei protestieren Frauen seit Wochen gegen das Vorhaben der AKP/MHP-Regierung, die Ratifizierung der Konvention rückgängig zu machen. Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 vom Europarat als völkerrechtlicher Vertrag ausgefertigt und trat im Jahr 2014 in Kraft. Er gilt als Meilenstein im Kampf gegen patriarchale Gewalt und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen sowie die Präventions- und Hilfsangebote zu verbessern.
Die Türkei unterzeichnete als erstes Land die Konvention und ratifizierte den Vertrag 2012 im Parlament, doch in der Praxis werden die Rechtsnormen nicht angewandt. Weder werden die vorgesehenen Hilfsangebote und Schutzmaßnahmen für Frauen realisiert, noch wird beispielsweise das Gesetz Nr. 6284, das nach Angaben der AKP-Regierung als „Schutzmantel für Frauen“ wirken soll, effizient durchgesetzt. Und das, obwohl in dem Land am Bosporus Frauenhass und Gewaltexzesse an Frauen keine Seltenheit sind, sondern das patriarchale Fundament der Gesellschaft darstellen. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen” 474 Femizide registriert, dennoch diskutiert die Regierung von Staatspräsident Erdoğan über einen Austritt aus der Istanbuler Konvention – weil sie traditionelle Werte untergrabe und Männer zu „Sündenböcken“ mache.