Die am 25. November anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen in der chilenischen Hauptstadt gezeigte Performance „Un violador en tu camino“ (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) zieht immer weitere Kreise. Am Dienstagabend wurde sie am Hamburger Jungfernstieg gezeigt.

Der Vergewaltiger bist du!

Ursprünglich inszeniert vom Kollektiv Lastesis aus der Hafenstadt Valparaiso wurde dem Aufruf, die Performance weltweit zu wiederholen und zu adaptieren, nicht nur in chilenischen Städten gefolgt, sondern auch an vielen Orten in Frankreich, Belgien, Spanien, Argentinien, Mexiko, Nicaragua, den USA, Deutschland, England, Kolumbien, Paraguay, Guatemala, der Dominikanischen Republik, Italien, Kanada, Australien, der Niederlande und der Türkei.

Es ist ein feministischer Wutschrei gegen patriarchale Gewalt, der Frauen in Lateinamerika auf extreme Weise ausgesetzt sind. Nirgendwo sonst auf der Welt werden mehr Frauen gezielt getötet, meist ohne nennenswerte Konsequenzen für den Täter. Vergewaltigungen in Chile bedeuten nur in acht Prozent der angezeigten Fälle eine Verurteilung der Täter, kritisieren die Frauen von Lastesis. In Mexiko-Stadt registrierten die Behörden von Januar bis Oktober 2019 150 Morde an Frauen und 527 Vergewaltigungen. Letztes Jahr im März wurde eine Stadträtin von Rio de Janeiro, Marielle Franco, Menschenrechtsaktivistin und Leiterin des Frauenausschusses im Stadtparlament, in ihrem Wagen erschossen.

So werden im Text der Performance die Strukturen, die diese Gewalt dulden, ermöglichen und selbst ausführen, angeklagt: Nicht die Schuld der Opfer sei es, die sich „am falschen Ort“ aufhielten oder „das Falsche trugen“, sondern die der Polizisten, der Richter, des Staats, des Präsidenten. „Der Vergewaltiger warst du! Der Vergewaltiger bist du!“ riefen die Frauen mehrmals besonders laut und zeigten dabei nach vorne.

Feminismus international

Die Performance wurde von verschiedenen feministischen Gruppen adaptiert, oft schlossen sich den weltweiten Communities der lateinamerikanischen Frauen, wie heute in Hamburg, an zahlreichen Orten solidarische Stimmen an. Und sie sind mehr als das: „Ob in Chile oder hier in Hamburg, das System, das hinter Gewalt und Unterdrückung steht, ist überall dasselbe. Deswegen müssen wir es gemeinsam bekämpfen“, so eine Aktivistin am Jungfernstieg.

Aktivistinnen der Kampagne „Women Defend Rojava“ waren in Hamburg ebenfalls vertreten. „Der Krieg der Türkei ist ein massenhafter Feminizid, er richtet sich in besonderer Form gegen die Errungenschaften der kurdischen Frauenbewegung.“ Symbolhaft dafür stünden die Ermordungen der Frauen Amara Renas, Hevrîn Xalef und Dayê Aqîde, deren Widerstandsgeist zum 25. November weltweit getragen wurde. „Es ist unabdingbar, dass alle Frauen, die gegen patriarchale Gewalt Widerstand leisten, zusammenstehen, wo auch immer sie leben.“

Die in Hamburg verwendete deutsche Übersetzung

Das Patriarchat ist ein Richter

Der uns verurteilt von Geburt

Und unsere Strafe

Ist die Gewalt, die du NICHT siehst

 

Das Patriarchat ist ein Richter

Der uns verurteilt von Geburt

Und unsere Strafe

Ist die Gewalt, die du JETZT siehst

 

Femizid!

Straffreiheit für meinen Mörder!

Das Verschwinden!

Die Vergewaltigung!

 

Und es war nicht meine Schuld,

Wo ich war oder was ich trug!

Und es war nicht meine Schuld,

Wo ich war oder was ich trug!

Und es war nicht meine Schuld,

Wo ich war oder was ich trug!

Und es war nicht meine Schuld,

Wo ich war oder was ich trug!

 

Der Vergewaltiger warst du!

Der Vergewaltiger bist du!

 

Die Bullen

Die Richter

Der Staat

Der Präsident

 

Unser Staat ist machohaft, unterdrückt und vergewaltigt!

Unser Staat ist machohaft, unterdrückt und vergewaltigt!

 

Der Vergewaltiger warst du!

Der Vergewaltiger bist du!

 

Schlafe beruhigt

Unschuldiges Mädchen

Sorge dich nicht um den Übeltäter

Denn über deinen Schlaf

Süß und lächelnd

Wacht dein Liebhaber der Polizei

 

Der Vergewaltiger bist du!

Der Vergewaltiger bist du!