Frauendemonstration in Istanbul: Keine weniger!

Tausende Frauen sind trotz Verbots gegen Gewalt durch die Istanbuler Innenstadt gezogen. Die Polizei setzte mit Reizstoff versetzte Gummimunition gegen die Demonstrantinnen ein.

Trotz Verbotsverfügung des Gouverneurs sind am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen Tausende Aktivistinnen auf die Straße gegangen. Unter dem Motto „Keine weniger“ versammelten sich die Frauen auf Aufruf des 25.-November-Bündnisses am „Tünel“ am Ende der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi und setzten sich Richtung Taksim in Bewegung. Die Polizei hatte bereits im Vorfeld ein Großaufgebot an Einsatzkräften aufgefahren.

Im Gedenken an die Pantomimin Daniela Carrasco, die von der chilenischen Polizei vergewaltigt und ermordet wurde, trugen viele Teilnehmerinnen Clownskostüme. An weitere von Männern ermordete Frauen wurde mit Fotos auf lilafarbenen Schildern erinnert.

Der Demonstrationszug wurde bereits auf der Höhe der Istanbuler Anwaltskammer von der Polizei gestoppt. Die Frauen protestieren mit Pfiffen und Trillern gegen das polizeiliche Vorgehen und setzten sich vor der Polizeisperre auf den Boden. Dann wurde auf Türkisch und Kurdisch eine Erklärung des 25.-November-Bündnisses vorgetragen.

In der Erklärung wurden zunächst die Namen ermordeter Frauen verlesen. Anschließend wurde darauf hingewiesen, dass Frauennamen in den sozialen Medien meistens im Zusammenhang mit Katastrophenmeldungen auftauchen: „Wir wollen eine Welt, in der die Namen von Frauen nicht wegen ihres Todes, sondern wegen ihres Lebens Nachrichtenwert haben. Auf dieser Welt soll es nicht um die Gewalt gehen, die sie erlitten haben, sondern um die Träume, die sie verwirklicht haben.“

Nach dem Redebeitrag fingen die Frauen an zu tanzen und drängten mit der Parole „Wir schweigen nicht, wir fürchten uns nicht, wir gehorchen nicht!“ gegen die Polizeibarrikade. Die Polizei schoss mit Reizstoff-gefüllten Gummigeschossen in die Menschenmenge, was zu lautstarken Protesten führte. Die Frauen harrten trotz des Polizeiangriffs weiter auf der Straße aus.