Kundgebung gegen Feminizide in Hamburg

Anlässlich der erneuten Feminizide in Hamburg fand am Nachmittag eine Kundgebung statt. Mehr als 200 Menschen, mehrheitlich junge Frauen, folgten dem Aufruf von „Rote Zora“ und „Young Struggle“ und versammelten sich in Altona.

In Hamburg hat am Montagnachmittag eine Kundgebung gegen Feminizide stattgefunden. Mehr als 200 Menschen, überwiegend junge FLINTAs, protestierten in Altona gegen Feminizide als Ausdruck patriarchaler Gewalt. Vergangene Woche Dienstag gab es in dem Bezirk einen Feminizid und einen versuchten Femizid. Im Stadtteil Bahrenfeld attackierte ein 56-Jähriger seine Ehefrau, die nach einem Streit Trennungsabsichten geäußert haben soll. Eine tödliche Verletzung konnte nur durch das Eingreifen der Tochter verhindert werden. Der Mann ist vorläufig festgenommen.

Einige Stunden vorher am Morgen hat ein 22-jähriger Schweizer in Ottensen eine gleichaltrige Frau kaltblütig ermordet. Der Täter ist extra für die Tat nach Hamburg gefahren, nachdem er die junge Frau monatelang gestalkt und bedroht hatte. In den Tagen vor dem Feminizid habe er sich ein Hotel in der Nähe der Wohnung der jungen Frau gebucht, sie beobachtet und immer wieder auf WhatsApp bedroht und belästigt. Dann hat er sie schließlich im Treppenhaus ermordet und sich selbst erschossen.

Aufgerufen zu der Kundgebung hatten die Organisationen „Rote Zora“ und „Young Struggle“, auch die feministische Organisierung „Gemeinsam Kämpfen“ hielt einen Redebeitrag. Im Aufruf wurde kritisiert, dass in der Presse wieder mehrheitlich von „Familiendramen“ oder „erweitertem Suizid“ gesprochen worden sei. Dabei gelte es, diese gezielte Gewalt an Frauen als solche zu benennen, als Feminizide. Immer wieder komme es in Hamburg – und bundesweit – zu schwerer Gewalt gegen Frauen.

Auch im Beitrag von „Gemeinsam Kämpfen“ wurde auf die hohe und zunehmende Zahl an Feminiziden verwiesen: „Feminizide passieren ständig und überall. Jeden Tag sind es 130 Feminizide. Jeden Tag werden im Schnitt über 130 Frauen weltweit umgebracht, das sind jede Stunde mehr als zwei Frauen. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer viel höher ist“. Und: „Allein 2020 sind in Deutschland bundesweit 139 Frauen durch die Hand ihrer Partner oder früheren Partner gestorben. 2021 wurden in Hamburg fünf Frauen Opfer tödlicher Gewalt – in weiteren sieben Fällen blieb es beim Versuch. Auch dieses Jahr gab es schon Feminizide in Hamburg. So wurde im Februar eine 25-jährige Frau von ihrem Partner in Niendorf erstochen. Eine 55-jährige Frau wurde wenige Tage zuvor von ihrem Bruder in Bergedorf ermordet. Während der Corona-Pandemie ist die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen im Jahr 2020 zudem auf ein Zehn-Jahres-Hoch gestiegen“.

„Hinter diesen Morden steckt das Patriarchat“

„Young Struggle“ betonte in ihrem Redebeitrag, dass Täter oftmals als psychisch krank betitelt würden, um ihnen so die Schuld zu nehmen. Es werde alles versucht, „um die Schuld auf alles, außer den Mann, zu schieben. Doch wir wissen ganz klar: Schuld sind die Täter und schuld ist der Staat, der sie schützt“. Der Staat schütze die männliche Vorherrschaft, ebenso das Justizsystem, dass die Männer schütze. Kurz: „Hinter diesen Morden steckt das Patriarchat“.

Widerstand ist möglich

Weiter hieß es: „Und wenn wir von Gewalt gegen Frauen und LGBTI+ sprechen, dann sprechen wir nicht über irgendwelche Einzelfälle hier in Deutschland, sondern von patriarchaler Gewalt international. Diese sehen wir in der Türkei, welche den Austritt aus der Istanbul-Konvention rechtskräftig gemacht hat, und wir sehen sie in den illegalisierten Abtreibungen in Polen. Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein internationales Problem, dessen Ursprung im Kapitalismus liegt.  Wir sehen aber auch Rojava, wo sich der Widerstand von Frauen und LGBTI+ ganz klar den patriarchalen Zwängen und dem patriarchalen System widersetzt hat. Wir sehen, dass eine Änderung möglich ist“.

Zum Ende wurde dazu aufgerufen, sich als FLINTA zusammenzuschließen, sich zu organisieren und nicht länger zu schweigen. „Heben wir gegen jede Hand, die gegen uns erhoben wird, unsere Faust“.