Die Frauenkommission im Nationalkongress Kurdistan (Kongreya Neteweyî ya Kurdistanê, KNK) fordert die Vereinten Nationen und die irakische Regierung auf, den Luftraum der Region Şengal für Angriffe der Türkei zu sperren. Um die Ezid:innen zu schützen, muss Şengal einen Autonomiestatus erhalten, erklärte die Frauenkommission des KNK am Mittwoch in Brüssel zum Jahrestag des Genozids und Femizids an der ezidischen Gemeinschaft im Nordirak:
Ezid:innen brauchen neben der Anerkennung auch rechtliche Konsequenzen
Am 3. August 2014 wurden die Ezid:innen in Şengal (Sinjar) in der Region Kurdistan im Irak von der Terrorgruppe IS angegriffen, die als Stellvertreter der Türkei agierte. Der IS übte besondere Maßnahmen gegen Frauen aus, um sie zu demütigen und zu töten, womit der Angriff auch einen Fall von Femizid darstellte. In Şengal hat der IS einen systematischen Genozid und Femizid verübt. Nach Angaben der ezidischen Frauenorganisation TAJÊ werden von den an diesem Tag entführten Frauen noch 3.000 vermisst. Zehntausende leiden noch immer unter dem Trauma, das sie am 3. August 2014 erlebt haben.
Etwa zwölf Staaten haben das Verbrechen an Ezid:innen als Völkermord anerkannt. Eine solche Anerkennung ist ein erster wichtiger Schritt und ein wichtiges politisches Signal. Doch allein die Anerkennung des Völkermords hat keine rechtlichen Konsequenzen. Und das Fehlen rechtlicher Konsequenzen ermutigt die Täter nur dazu, dieses gefährliche Instrument weiterhin zu nutzen.
Heute versucht die Türkei unter Erdogan, die Niederlage ihrer IS-Stellvertreter zu rächen. Mit Drohnenangriffen und weiteren Luftangriffen versucht die Türkei, die Ezid:innen vollständig aus Şengal zu vertreiben. Deshalb greifen türkische Drohnen und Kampfjets neben ezidischen Verteidigungskräften auch zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen an. Das Ziel des Erdogan-Regimes besteht darin, den Terrorismus zu vollenden, den der IS unvollendet ließ, und das Land der Ezid:innen, bekannt als Êzdîxan, zu entvölkern, um es als Provinz des ehemaligen Osmanischen Reiches zu besetzen und türkisch zu machen.
Genau das hat das Regime 2018 in Efrîn und 2019 in Serêkaniyê und Girê Spî in Nordostsyrien/Rojava getan. Unsere erste und dringendste Forderung ist, dass die UN und die irakische Regierung den Luftraum unverzüglich für türkische Drohnen und Luftangriffe sperren. Wir fordern außerdem die sofortige Aufkündigung des Abkommens vom 9. Oktober 2020 zwischen dem Irak, der PDK (Demokratische Partei Kurdistans) und der Türkei durch Vermittlung der Vereinten Nationen. Dieses Abkommen sieht die Entvölkerung von Êzdîxan vor und wurde ohne Beteiligung der Ezid:innen beschlossen. Wir fordern die Vereinten Nationen auf, mit der irakischen Regierung und den ezidischen politischen Vertreter:innen zusammenzuarbeiten, um einen politischen und rechtlichen Rahmen für die Anerkennung Êzdîxans als autonomes Gebiet zu schaffen und ihn in der irakischen Verfassung zu verankern.
Ezid:innen sind keine Muslime, sondern Vertreter:innen eines alten kurdischen Glaubens und leiden daher in einer Region, in der Kriege im Namen der Religion geführt werden, unter permanenter Unterdrückung. Sie brauchen einen Autonomiestatus, der sowohl vom Irak als auch von der internationalen Gemeinschaft geschützt wird.