TJK-E ruft zu Aktionen am 3. August auf - UPDATE

Die Frauenbewegung TJK-E ruft zur breiten Teilnahme an Aktionen zum Jahrestag des Şengal-Genozids vom 3. August 2014 in Europa auf.

Am 3. August 2014 begann der IS-Genozid an der ezidischen Bevölkerung der Şengal-Region im Nordirak, nachdem die südkurdische PDK ihre Truppen abgezogen und die Bevölkerung weitgehend schutzlos zurückgelassen hatte. Tausende wurden ermordet und Tausende von Frauen und Kindern in die Sklaverei verkauft. Viele sind bis heute verschwunden. Nur ein knappes Dutzend Guerillakämpfer ermöglichte weit über 100.000 Ezid:innen die Flucht in die Berge, von wo aus sie über einen von den Verteidigungseinheiten YPG und YPJ freigekämpften Korridor nach Rojava fliehen konnten. Anlässlich des neunten Jahrestags des Genozids finden Protestaktionen und Veranstaltungen in vielen europäischen Staaten statt. Die kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) ruft zur breiten Teilnahme an den Aktionen auf.

Nur 1207 von 3548 verschleppten Frauen bisher wieder aufgetaucht“

In dem Aufruf heißt es: „Am 3. August werden wir als Frauenorganisationen in Europa erneut auf die Straße gehen, um am Jahrestag des Völkermordes an der ezidischen Gemeinschaft, der mit der IS-Invasion in der Şengal-Region 2014 begann, zu protestieren.“ Die TJK-E beschreibt die aktuellen Angriffe durch die Türkei, die PDK und die irakische Regierung auf die Şengal-Region als eine Fortsetzung des Genozids und betont, dass sich der Angriff des IS vor allem gegen Frauen gerichtet habe: „Tausende von jungen ezidischen Frauen und Kindern wurden entführt, auf Sklavenmärkten verkauft und vergewaltigt. Von 3548 gefangenen Frauen konnten bisher nur 1207 gerettet werden. Es ist nicht bekannt, ob die vermissten Frauen noch am Leben sind oder nicht, aber die Hoffnung und der Kampf ihrer Familien, sie wiederzusehen, sind noch nicht am Ende.“

Autonomie ist für die Ezid:innen lebensnotwendig“

Die TJK-E fährt fort: „Wir betrachten diesen Völkermord als Schande des Jahrhunderts. Er hat sich als ein Massaker an allen Frauen auf der Welt in unser Gedächtnis eingebrannt. Wir stehen solidarisch an der Seite der Ezid:innen und aller unterdrückten Minderheiten, um mit ihnen für Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichberechtigung zu kämpfen. Seit dem Völkermord haben wir die Zerstörung des Lebens, der Kultur und der Gesellschaft in Şengal miterlebt. Nach diesem Genozid haben sich die Ezid:innen zusammengeschlossen und Selbstverwaltungs- und Selbstverteidigungsstrukturen aufgebaut, um sich vor einem neuen Genozid zu schützen.

Dennoch sind die Errungenschaften der Ezid:innen stark bedroht. Der türkische Staat und seine Verbündeten haben am 9. Oktober 2020 ein Abkommen unterzeichnet, um die Selbstverwaltungs- und Selbstverteidigungsstrukturen zu zerstören und ihre Systeme der Unterdrückung wieder einzuführen. Die Autonomie von Şengal wurde dutzende Male vom türkischen Staat mit Drohnen angegriffen. Der türkische Staat, einer der größten Unterstützer des Islamischen Staates, schreckt nicht einmal davor zurück, Zivilist:innen und Kinder mit seinen Drohnen anzugreifen.

Doch nicht nur der türkische Staat stellt eine Bedrohung für die Menschen in Şengal dar, auch die irakische Regierung hat wiederholt versucht, die Region militärisch zu besetzen und dabei die Errungenschaften des ezidischen Volkes zu vernichten. Die Ereignisse vom 3. August 2014 haben gezeigt, dass das ezidische Volk niemandem außer sich selbst vertrauen kann. Denn die mit der Türkei verbundenen PDK-Peschmerga und irakischen Milizen ließen ihre Waffen fallen und zogen ab, als der IS anmarschierte. Das ist uns noch lebhaft in Erinnerung. Deswegen sagen wir, für das ezidische Volk ist die Autonomie überlebensnotwendig!

Gemeinsam für Rechenschaft kämpfen

Wir müssen uns gegen diese Angriffe vereinen und die internationale Gemeinschaft auffordern, uns in diesem Kampf zu unterstützen. Wir fordern die Anerkennung des am 3. August 2014 begonnenen Völkermordes und die Einrichtung eines internationalen Tribunals, das für die an der ezidischen Gemeinschaft begangenen Verbrechen Rechenschaft verlangt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Angehörigen des IS und der islamistischen Milizen, die für den Völkermord an den Ezid:innen verantwortlich sind, aus den Lagern (z.B. al-Hol) herausgeholt werden und sich den Konsequenzen ihrer Taten in ihrer Heimat in Europa stellen müssen.

Die Luftangriffe auf Şengal müssen eingestellt werden, um weiteres Leid und weitere Zerstörung zu verhindern. Wir kämpfen gemeinsam für Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit für alle unterdrückten Völker, insbesondere für die ezidische Gesellschaft.

In diesem Sinne rufen wir unser Volk, unsere Freund:innen und insbesondere Frauen, dazu auf, sich gemeinsam bei den Aktivitäten, die am 3. August in ganz Europa unter der Führung unserer Frauenorganisationen stattfinden, Gehör zu verschaffen. Organisieren wir uns, kämpfen wir für eine sichere Zukunft in Şengal und allen vier Teilen Kurdistans!"

Aktionsfahrplan für den 3. August im deutschsprachigen Raum

Deutschland:
Darmstadt: 18.00 Uhr, Luisenplatz
Saarbrücken: 18.00 Uhr, Galerieplatz
Frankfurt am Main: 18.00 Uhr, Ni una Menos Platz / Liebfrauenberg
Hamburg: 18.00 Uhr, Mercado Altona
Bremen: 19.00 Uhr, Marktplatz
Stuttgart: 18.00 Uhr, Schloßplatz/Kobanê-Platz
Dortmund: 18.00 Uhr, Kampstraße 46
Oldenburg: 17.00 Uhr, Bahnhofsplatz
München: 18.00 Uhr, Karlsplatz Stachus
Freiburg: 18.00 Uhr, Platz der Alten Synagoge
Wesel: 17.00 Uhr, Gedenken im Ezidischen Kulturzentrum
Bad Fallingbostel: 17.30 Uhr, Gedenken im Ezidischen Kulturverein
Berlin: 16.00 Uhr, Gedenkveranstaltung, Franz-Mehring-Platz 1
Herford: 17.30 Uhr, Gedenkveranstaltung im Lutherhaus

Schweiz:
Luzern: 19.00 Uhr, Vögeligärtli
Zürich: 18.00 Uhr, Helvetiaplatz
Aarau: 18.30 Uhr, Bahnhof
Bern: 18.00 Uhr, vor dem Parlamentsgebäude