KJK: Frauenorganisierung gegen patriarchal-faschistisches System

Die KJK weist auf die wachsende Gewalt, die Morde, Vergewaltigungen und Entführungen von Frauen in der Türkei hin und ruft alle Frauen auf, sich gegen das patriarchal-faschistische System zu organisieren und selbst zu verteidigen.

Die Koordination der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (Komalên Jinên Kurdistan, KJK) hat sich zu den steigenden Fällen von Gewalt gegen Frauen in der Türkei geäußert. In der Erklärung heißt es:

„Allein im Januar 2020 sind 37 Frauen in der Türkei ermordet worden. Das sind nur die bekannten Fälle. Die Dunkelziffer liegt weit höher. In der gesamten Türkei werden täglich durchschnittlich zwei Frauen von Männern ermordet. In der Türkei können Frauenmörder ein entspanntes Leben führen. Die Morde an Frauen haben ein schreckliches Ausmaß erreicht.

Gülistan Doku aus Dersim ist seit einem Monat verschwunden. In Dersim und in ganz Kurdistan sind Vergewaltigungen von Minderjährigen eine systematische und geplante Staatspolitik. Die Vergewaltiger werden frei gelassen. Mit einem Gesetz, das eine Straflosigkeit bei Heirat mit dem Vergewaltiger vorsieht, soll die Kinderehe legalisiert werden. Auch die Entführung von zwei Suryoye aus Şirnex (Şırnak) ist immer noch nicht aufgeklärt. Die wachsenden Drohungen gegen Alevit*innen und die Freilassung eines der Täter des Sivas-Massakers, all das zeigt die frauenfeindliche, umweltfeindliche, rassistische und nationalistische Seite des türkischen Staates einmal mehr in aller Deutlichkeit.

Das Wächtergesetz richtet sich gegen Frauen

Der türkische Staat hat insbesondere Frauen im Visier, denn er will sie als freiheitlichsten und radikalsten Teil der Gesellschaft einschüchtern. Die AKP will mit dem Wächtergesetz bewaffnete Hilfspolizeimilizen aufstellen und die ganze Türkei unter die Kontrolle von faschistischen Männern bringen, so dass man dort nicht mehr atmen kann. Das Wächtergesetz richtet sich vor allem gegen Frauen, gegen Kurd*innen, gegen demokratische und freiheitliche Kräfte. Diese sollen eingeschüchtert und zerschlagen werden. Es wird eine militaristische Kraft geschaffen, die das Leben von Frauen von der Lebensform bis hin zu der Art sich zu kleiden beschneidet. Das Wächtergesetz betrifft direkt das Leben von Frauen und der Gesellschaft. Frauen werden in ihren Häusern eingesperrt, ja inhaftiert und damit zum Besitz des Mannes, zur Ware, zum Objekt der Vergewaltigung gemacht. Dadurch wird auch die Grundlage zur Vergewaltigung von Minderjährigen geschaffen. Wir müssen uns gegen dieses Gesetz stellen und dagegen Widerstand leisten.

Was auch immer es für eine korrumpierte, widerwärtige, gewissenlose und rechtswidrige Praxis gibt, sie wird von der faschistischen AKP/MHP-Regierung zur Politik gemacht und umgesetzt.

Warum wird Gülistan Doku nicht gefunden? Weil man den Fall nicht untersucht. Denn am Ende der Ermittlungen stünde der Staat. Wir sprechen hier von einer furchtbaren Spezialkriegspolitik, die hier insbesondere in Kurdistan gegen junge Frauen unter der Führung des Geheimdienstes MIT durchgeführt wird. Es findet eine Politik der Unterwerfung gegen kurdische Mädchen an Universitäten und Arbeitsplätzen statt. Die dynamischste und freiheitlichste Kraft der Gesellschaft soll vernichtet werden. Es muss aufgeklärt werden, was mit Gülistan Doku, einer Studierenden aus Amed, in Dersim geschehen ist. Darum bemühen sich Frauenorganisationen vor allem in Dersim. Das Schicksal von Gülistan Doku wird verfolgt.

Junge Frauen und Kinder sind die sensibelsten Teile der Gesellschaft, die am offensten einer Befreiung und einer Entwicklung gegenüberstehen. Der MIT und alle anderen blutigen und schmutzigen staatlichen Kräfte zielen daher insbesondere auf sie und versuchen sie durch Drogen, Prostitution und Agententum zu unterwerfen.

„Die Gesellschaft muss das Notwendige tun“

Der gesamten Gesellschaft in der Türkei und insbesondere in Kurdistan sollte das bewusst sein. Sie sollte sich in jedem Bereich, in dem sich Jugendliche befinden, besonders aufmerksam und bewusst verhalten. Die Gesellschaft sollte ihre eigenen Kinder schützen können. Wenn solche Ereignisse vorkommen, muss deutlich darauf reagiert werden. Vergewaltigungen von Minderjährigen sind eines der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wenn so etwas in einem Viertel, einem Dorf oder einer Straße geschieht, dann sollte dem Täter gegenüber die notwendige Haltung gezeigt werden, ohne dies dem Staat zu überlassen. Wenn die Kinder einer Gesellschaft vergewaltigt werden, wenn die Familien ihre Kinder nicht schützen können, wenn sie nicht die diesem Verbrechen an ihren Kindern angemessene Reaktion zeigen können, dann ist diese Gesellschaft am Ende. Deswegen muss ein gesellschaftliches Gewissen entwickelt und organisiert werden. Wenn sich jedes Viertel, jede Straße organisiert, dann stehen die Menschen in Kontakt miteinander und können ihre Selbstverteidigung übernehmen.

Frauen müssen sich selbst verteidigen

Auf dieser Grundlage rufen wir alle Frauen und unser Volk ein weiteres Mal dazu auf, sich überall zu organisieren und selbst zu verteidigen. Wenn sich nicht jedes Dorf, jedes Viertel, jede Stadt, Haus für Haus organisiert und keine Einheit gebildet wird, wird der AKP-Faschismus seine grausame Spezialkriegspolitik weiter ankurbeln.

Nichts vom Staat erwarten

Wir fordern unser ganzes Volk, die Frauen, die freiheitlichen und demokratischen Kräfte auf, nichts vom Staat zu erwarten, sondern sich auf sich selbst zu stützen, sich selbst zu organisieren und sich selbst zu verteidigen. Vom Staat ist nichts zu erwarten, denn die Vergewaltigungen, der Drogenhandel, die Prostitution und das Agentenwesen werden von seinen Netzwerken entwickelt. Die Gesellschaft kann sich selbst bilden, informieren, Netzwerke bilden, Verantwortung für sich übernehmen und die Selbstverteidigung umsetzen. Die Gesellschaft muss den Vergewaltigern selbst die notwendige Lehre erteilen.

Alle Frauen müssen sich gegen die geplanten Gesetze zur Kinderehe und Verheiratung mit dem Vergewaltiger stellen. Es muss alles getan werden, damit dieses Gesetz nicht durchs Parlament kommt. Die Frauen aus der Türkei und aus Kurdistan müssen gemeinsam gegen den patriarchalen Faschismus und gegen die frauenfeindliche Staatspolitik kämpfen.“