Kampagne für Aysel Tuğluk geht weiter

Der Kampf um die Freiheit der schwer erkrankten HDP-Politikerin Aysel Tuğluk geht weiter. Gülizar Ipekli von der Frauenplattform Şahmaran erklärt, der Kampf für die Freilassung von Tuğluk sei der Kampf für die Freiheit aller kranken Gefangenen.

Seit über fünf Jahren ist die schwer an Demenz erkrankte HDP-Politikerin Aysel Tuğluk inhaftiert. Trotz gerichtsmedizinischer Gutachten, ihr Zustand könne nur außerhalb der Haft stabilisiert werden und Tuğluk sei „haftunfähig“, wird sie nicht freigelassen. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch die Frauenplattform Şahmaran, kämpfen für Tuğluks Freiheit. Gülizar Ipekli, Gründungsmitglied der Frauenplattform berichtet, ihr Bündnis habe am 2. Januar gemeinsam mit vielen anderen Organisationen und Plattformen eine neue Kampagne gestartet. Kritisiert wird dabei insbesondere das Institut für Rechtsmedizin, das aufgrund politischer Entscheidungen eine Freilassung aus medizinischen Gründen verhindert. Ipek berichtet, dass innerhalb eines Monats neun Gefangene in Haft verstorben seien, und fährt fort: „Wir haben es mit einem System zu tun, das sich weder an das internationale Recht noch an die eigenen Gesetze hält. Wir fordern Freiheit für Aysel Tuğluk und alle kranken Gefangenen.“

Gülizar Ipekli, Gründungsmitglied der Frauenplattform Şahmaran

Angriff auf den Frauenkampf

Ipekli stellt fest, dass einer der Hauptgründe, warum Aysel Tugluk ins Visier genommen wurde, darin bestand, dass sie die erste weiblichen Ko-Vorsitzende in der kurdischen politischen Geschichte war: „Aysel Tuğluk ist eine Freundin, die alle im Frauenkampf kennen und die seit langen Jahren diesen Kampf führt. Sie führte diesen Kampf nicht allein für die Kurdinnen, sondern für alle Frauen.“

Starke Freiheitskampagne

Ipekli berichtet über die Kampagne: „Die Kampagne, die wir am 2. Januar gestartet haben, ist sehr stark. Wir haben mit den Hashtags „Freiheit für Aysel Tuğluk“ und „Gerechtigkeit für Aysel Tuğluk“ den Protest auf Twitter getragen (#AyselTuğlukİcinAdalet). Wir haben eine Website eingerichtet und Aysel Tuğluks Schriften und das, was über sie geschrieben wurde, auf diese Seite gestellt. Wir haben eine Erklärung vorbereitet und diese in acht Sprachen übersetzt. Wir starteten eine Petition mit dem Titel ,1000 Frauen für Aysel Tuğluk' (Aysel Tuğluk İçin 1000 Kadın – Aysel Tuğluk'a Özgürlük). Die Kampagne war nicht auf die Türkei beschränkt; mehr als 6.000 Unterschriften kamen aus 54 Ländern. Wir haben einen Brief an den Ausschuss der Vereinten Nationen (UN) und an das Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) geschickt. Es gab eine Antwort von diesen Institutionen, aber kein effektives Ergebnis. Wir haben Petitionen an Institutionen wie das Justizministerium, das Innenministerium und Gesundheitsministerium eingereicht. Wie ich bereits erwähnt habe, haben wir viele Veranstaltungen und Kampagnen organisiert.“

Wer ist Aysel Tuğluk?

Aysel Tuğluk ist Rechtsanwältin, ehemalige Parlamentsabgeordnete und war bis zu ihrer Verhaftung Ende 2016 stellvertretende Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP). In mehreren Verfahren wurde sie bereits verurteilt, andere Prozesse sind noch anhängig. Im Februar 2020 bestätigte der türkische Berufungsgerichtshof die bislang höchste Freiheitsstrafe gegen Tuğluk mit über zehn Jahre Haft. Verurteilt wurde sie aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende des „Demokratischen Gesellschaftskongresses” (KCD) wegen „Leitung einer Terrororganisation“. Im Oktober vergangenen Jahres verhängte ein Gericht in Wan eine zwanzigmonatige Freiheitsstrafe wegen angeblicher PKK-Propaganda in den Jahren 2012 und 2013. Im sogenannten Kobanê-Prozess in Ankara droht Aysel Tuğluk eine erschwerte lebenslange Freiheitsstrafe.