Gulistan Gulo: So erziehen wir unsere Kinder

Gulistan Gulo war neun Jahre alt, als sie 1991 Abdullah Öcalan in der Bekaa-Ebene kennenlernte. Wie alle Mitglieder der Familie Gulo ist sie eng mit der kurdischen Befreiungsbewegung verbunden. Heute ist sie bei Kongreya Star in Qamişlo aktiv.

Gulistan Gulo ist 1982 im Stadtviertel Hilêliyê in Qamişlo geboren. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Kindern. Wie alle Mitglieder der Familie Gulo ist sie eng mit der kurdischen Befreiungsbewegung verbunden. Seit 2011 engagiert sie sich in der Frauenarbeit und ist heute im Frauenverband Kongreya Star in Qamişlo aktiv.

Als Kind fuhr sie zum 15. August 1991 mit ihrer Familie in die Bekaa-Ebene im Libanon und lernte dort Abdullah Öcalan kennen. Sie erzählt von der dieser Begegnung: „Ich war noch ein Kind, aber er strahlte eine Kraft aus, die bis heute anhält. Seine Ideen waren eine Quelle der Kraft nicht nur für das kurdische Volk, sondern für alle Bevölkerungsgruppen. Viele aus meiner Familie und von unseren Nachbarn waren mitgekommen. Ich erfuhr dort, dass Frauen sich dem Kampf für ein freies Volk und ein freies Kurdistan anschlossen.“

Gulistan war bereits vor der Revolution von Rojava politisch aktiv: „Mein drittes Kind war noch nicht geboren. Mir war bewusst, dass ich noch aktiver an der Arbeit teilnehmen musste. Meine Kinder waren jedoch noch klein und ich musste mich ums sie kümmern. Als ich 2010 aktiver wurde, nahm die Repression des Baath-Regimes gegen meine Familie zu. 2011 fand in Efrîn ein Kongress der Frauenbewegung statt und ich beschloss, mich dem Frauenbefreiungskampf anzuschließen. Dadurch wurde mir klarer, wie die Frauen arbeiten und wie der gesellschaftliche Umgang mit Frauen ist. Nach dem Kongress arbeitete ich als Leitungsmitglied von Kongreya Star in Qamişlo.“

Der Frauenverband nannte sich damals noch Yekîtiya Star. Gulistan erzählt aus dieser Zeit: „Es war eine schwere Zeit, überall herrschte die Unterdrückung des Regimes. Das Regime hinderte Frauen daran, sich zu organisieren. Es war also nicht wie heute. Damals konnten Frauen kaum das Haus verlassen. Heute ist es anders. Frauen können überall arbeiten und kämpfen. Deshalb betrachten wir die Revolution von Rojava als eine Revolution, die damit begonnen hat, dass Frauen aus dem Haus gekommen sind.“

Im Vorfeld der Revolution von Rojava 2012 änderten sich die Bedingungen, berichtet Gulistan: „Die Bevölkerung rebellierte gegen die Unterdrückung durch das Regime. Uns war klar, dass wir jetzt noch mehr arbeiten müssen. 2015 wurde der Demokratische Syrienrat (MSD) gegründet und in der Frauenorganisation waren nicht nur Kurdinnen, sondern Frauen aus allen Bevölkerungsgruppen der Region. Es gibt keinen Unterschied zwischen den Ethnien oder der Religion. Die arabischen Frauen machten eine sehr gute Arbeit. In den befreiten Gebieten wurde daran gearbeitet, die unterdrückerische Mentalität zu durchbrechen. Anstelle des despotischen Gedankenguts blühten die demokratischen Vorstellungen von Abdullah Öcalan über Freiheit auf.“

Die Familie von Gulistan Gulo ist seit den 1980er Jahren in der kurdischen Befreiungsbewegung verankert, Dutzende Familienmitglieder sind im Kampf gefallen. „Auch während der Revolution von Rojava gab es viele Gefallene. Am 9. November 2021 ist mein Onkel Yusif Gulo zusammen mit zwei seiner Enkel gefallen. Apê Yusif hat über vierzig Jahre der kurdischen Sache gedient. Er war der Erste aus unserer Familie, der auch für die Befreiung von Frauen aus der Gefangenschaft gekämpft hat. Wir alle hörten auf ihn und profitierten von seinen Gedanken. Unsere Gefallenen verstärken unsere Entschlossenheit. Wir werden weiterkämpfen, bis überall in Kurdistan ein freies Leben möglich ist. In diesem Sinne erziehen wir auch unsere Kinder.“