Kongreya Star: Die Gesellschaft gegen Feminizid verteidigen

Der Frauenverband Kongreya Star kämpft für eine gesellschaftliche Veränderung und gegen die türkische Besatzung. Ayşe Mahmud erläutert im ANF-Interview die Entwicklungen des vergangenen Jahres.

Ayşe Mahmud hat sich als Mitglied der Koordination von Kongreya Star im ANF-Interview über die Arbeit der Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien im Jahr 2021 und das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen geäußert.

Aus welcher Perspektive geht die Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien in das Jahr 2021? Die Frauenbewegungen in allen vier Teilen Kurdistans hatten das ganze Jahr über eine Prämisse: Freie Frauen und die Gesellschaft gegen Feminizide verteidigen. Was war das Ziel der Kampagne und was ist dabei herausgekommen?

Als Kongreya Star haben wir im vergangenen Jahr unseren achten Kongress abgehalten. Zahlreiche Delegierte aus allen Kantonen Nordostsyriens nahmen daran teil. Viele der auf dem Kongress gefassten Beschlüsse wurden umgesetzt, sie bildeten die Grundlage unserer Arbeit. Es wurden Initiativen und Kampagnen entwickelt, die wirksame Ergebnisse erzielen können. Eine dieser Kampagnen hieß „Nein zu Massakern und Besatzung, lasst uns Leben und Frauen schützen". Während der Kampagne wurden viele verschiedene Schulungen und Aktionen durchgeführt. Einer der wichtigsten Beschlüsse des Kongresses betraf die Notwendigkeit, die Freiheit für Rêber Apo [Abdullah Öcalan] zu erreichen. Sie stand im Mittelpunkt all unserer Arbeit und Aktionen.

Wir haben auch an der Sensibilisierung und Aufklärung der Gesellschaft gearbeitet. In diesem Jahr wurde die Kampagne „Zeit für Freiheit" gestartet, die von Kongreya Star gefördert wurde. Das erste Ziel dieser Kampagne war die Freiheit von Rêber Apo. Damit verbunden war natürlich auch die Freiheit der Gesellschaft in Nord- und Ostsyrien. In zahlreichen Seminaren wurden die Ideen und die Philosophie von Rêber Apo in der Gesellschaft vorgestellt und das Bewusstsein für dieses Prinzip geschärft. Es wurden Maßnahmen ergriffen. Die erste Phase der Kampagne ist abgeschlossen.

Die zweite Phase hat am 15. November begonnen. Unsere Aktionen gehen in allen Kantonen weiter. Wir wollen das Projekt der demokratischen Nation unter den Völkern Nord- und Ostsyriens weiterentwickeln. Daran sollen nicht nur Frauen, sondern die ganze Gesellschaft teilnehmen.

Wie hat sich die Kampagne auf die Gesellschaft ausgewirkt, wie sehr hat sie das Bewusstsein geschärft, welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Zum 25. November haben wir auch die Initiative „Nein zu Gewalt und Besetzung" gestartet. Im Rahmen dieser Initiative haben sich Frauen aus Nord- und Ostsyrien unter dem Slogan „Nein zu Gewalt" zusammengeschlossen. Die Initiative wurde von Kongreya Star angeführt, aber alle Frauenorganisationen und -institutionen unter dem Dach des Frauenrats von Nord- und Ostsyrien beteiligten sich an ihr.

Im vergangenen Jahr wollten wir unseren Aktionen eine andere Farbe geben. Deshalb haben auch Männer gegen Gewalt demonstriert. Es hat viele Bildungsangebote von Kongreya Star stattgefunden, darunter auch explizit für Männer. Männer haben diese Seminare gegeben, nicht Frauen. Jetzt können Männer ihr eigenes Geschlecht auf der Grundlage der Freiheit erziehen.

Es wurde ein Tag für die von den Besatzern ermordeten politischen Frauen eingeführt. Es waren Frauen, die vom türkischen Staat besonders ins Visier genommen und ermordet wurden. Das Hauptziel dieser Angriffe ist es, den Willen und den Widerstand von freien, führenden Frauen zu brechen. Auf dieser Grundlage besteht unser Hauptziel darin, den Kampf gegen die Gewalt in der ganzen Welt zu verstärken, um eine ethisch-politische und egalitäre Gesellschaft zu schaffen.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei den Kampagnen, die wir in diesem Jahr organisiert haben, waren die von arabischen Frauen durchgeführten Aktivitäten. Arabische Frauen gründeten den Frauenverband Zenobiya. Ziel war es insbesondere, die vom IS geschaffene Mentalität in der Gesellschaft zu durchbrechen und die Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren.

Neben den Kampagnen wurden verschiedene Forschungen und weitere Arbeiten durchgeführt. Dazu gehörte auch die Einrichtung einiger Ausschüsse, was auf dem achten Kongress beschlossen wurde. Wir hatten schon vorher viele Ausschüsse eingerichtet. Mit der Entwicklung der Arbeit ergab sich die Notwendigkeit, weitere Ausschüsse zu gründen. Einer dieser Ausschüsse war der Ökologieausschuss. In diesem Jahr wurden die Vorbereitungen für die Einrichtung eines ökologischen Rates getroffen. In diese Versammlung sollen alle Institutionen einbezogen werden. In diesem Sinne wurden zahlreiche Sitzungen abgehalten und werden fortgesetzt. Es wurden auch Finanz-, Medien- und Gesundheitsausschüsse eingerichtet.

Mit welchen Angriffen und Herausforderungen waren Sie im Jahr 2021 konfrontiert, und welche Art von Kampf bedeuteten diese Herausforderungen?

Im Laufe des Jahres sahen wir uns bei der Durchführung unserer Arbeit mit vielen ernsten Problemen konfrontiert. Eines davon waren die Invasionsangriffe und Drohungen des türkischen Staates. In einigen Gebieten wurden Mitglieder von Kongreya Star zur Zielscheibe des türkischen Staates. In Kobanê wurden Freundinnen von uns getötet. Das Ziel dieser Angriffe war natürlich, den Willen der kämpfenden Frau zu brechen, aber der türkische Staat konnte sein Ziel nicht erreichen. Im Gegenteil, jede gefallene Freundin hat unsere Entschlossenheit zum Kampf noch verstärkt.

Es gab auch einige Gewalttaten innerhalb der Gesellschaft. Diese gewalttätigen Vorfälle wurden durch die spezielle Kriegspolitik des türkischen Staats gefördert. So wie der IS eine Mentalität in der Gesellschaft etablieren wollte, hat auch der türkische Staat diese Mentalität in der Gesellschaft gefördert und den Tod einiger Frauen verursacht, die von ihrem Vater, Ehepartner oder Bruder getötet wurden. Der Mord an einem Mädchen namens Eydê in Hesekê war ein sehr schweres und trauriges Ereignis.

Der türkische Staat hat ständig versucht, diesen Willen und diese Einheit zu brechen. Wann immer wir in der Gesellschaft Fortschritte machen, nimmt der türkische Staat sie ins Visier. Obwohl diese Situation unsere Arbeit von Zeit zu Zeit beeinträchtigte, ging unser Kampf dagegen weiter.
Unser Komitee, das gegen solche Vorkommnisse wie häusliche Gewalt, den Tod von Frauen und Kinderheirat kämpft, unternimmt große Anstrengungen, um all dies zu verhindern. Dies ist die Hauptaufgabe des Gerechtigkeitsausschusses und der Frauenzentren Mala Jin.

In diesem Jahr gab es fünf Selbstmorde von Frauen. Wie wir immer sagen, ist Selbstmord ein soziales Problem. Aus diesem Grund setzen wir unsere Bemühungen fort, die Gesellschaft zu sensibilisieren. Die Zahl der in diesem Jahr in Nord- und Ostsyrien getöteten Frauen und der Mordversuche liegt bei 18. Natürlich ist diese Zahl zu hoch. Diese Gesellschaft stand lange Zeit unter IS-Besatzung. Aus diesem Grund gibt es diese Mentalität in der Gesellschaft immer noch von Ort zu Ort. Viele Menschen sind von dieser Mentalität betroffen. Mancherorts wird die Tötung von Frauen immer noch als legitim angesehen. Es braucht Zeit und Mühe, diese Mentalität zu durchbrechen und die Gesellschaft davon zu befreien.

Es gibt nach wie vor die Tradition der Zweitfrau und der Kinderehen. Neben einer breiteren Bewertung dessen, was die Gesellschaft im kommenden Jahr dagegen tun kann, gehört es auch zu unseren Zielen, sehr viel härtere Entscheidungen dagegen zu treffen. Daran wird im sozialen Bereich bereits in vielfältiger Weise gearbeitet. Auch in diesem Bereich wurden zahlreiche Ausschüsse eingerichtet, und die Arbeit geht weiter. Einer dieser Ausschüsse ist der Kinderausschuss, der im Sozialbereich eingerichtet wurde. Es waren die Kinder, die am meisten vom Krieg betroffen waren und deren Rechte verletzt wurden.