Guerillakommandantin Ronahî Penaber in der Besta-Region gefallen

In der nordkurdischen Besta-Region sind im Januar sechs Guerillakämpferinnen im Widerstand gegen die türkische Armee gefallen. Die HPG hatten die Identitäten von fünf Gefallenen bereits veröffentlicht, nun liegt der sechste Name vor: Ronahî Penaber.

Die Volksverteidigungskräfte (HPG) haben die Identität einer Guerillakämpferin veröffentlicht, die im Januar in Şirnex (tr. Şırnak) in Nordkurdistan gefallen ist. Es handelt sich um Ronahî Penaber, Kommandantin der autonomen Frauenguerilla YJA Star. Die Kurdin aus Wan gehörte einer sechsköpfigen YJA-Star-Einheit an, die im Januar in der Besta-Region eine türkische Militäroperation ins Visier genommen hatte. Bei den überfallartigen Angriffen der Kämpferinnen war unter anderem ein Kontra getötet worden. „Sie selbst sind gefallen, um nicht lebend in die Hände des Feindes zu geraten“, erklärten die HPG. Die Identitäten der fünf anderen Gefallenen waren bereits im Februar veröffentlicht worden.

                             

Codename: Ronahî Penaber

Vor- und Nachname: Aysel Bayhan

Geburtsort: Wan

Namen von Mutter und Vater: Nahide – Emin

Todestag und -ort: 22. Januar 2023 / Besta

 

Ronahî Penaber kam in Wan als Tochter einer mit dem kurdischen Widerstand tief verwurzelten Familie zur Welt. Sie gehörte dem Stamm der Mamxurî an, dessen Angehörige seit jeher geübt sind im Widerstand gegen das türkische Kolonialsystem der Unterdrückung, Verleugnung und Auslöschung, und wuchs in einem patriotischen Umfeld auf, in dem sie bereits früh eine tiefe Faszination für den Befreiungskampf in Kurdistan entwickelte. Ebenfalls im Kindesalter wurde sie Zeugin der „Politik der verbrannten Erde“ – eine vom türkischen Staat in den 1990er Jahren systematisch angewandte Praxis, um die kurdische Bevölkerung zu vertreiben. Das Dorf der Familie von Ronahî Penaber war eines von tausenden Dörfern in Nordkurdistan, die zu jener Zeit von der türkischen Armee niedergebrannt wurden.

Der Flüchtlingstreck, dem sich die Eltern angeschlossen hatten, ging nach Südkurdistan (Kurdistan-Region Irak). Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps gründeten sie gemeinsam mit anderen Geflüchteten aus Nordkurdistan 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr, das etwa 60 Kilometer südwestlich von Hewlêr liegt. In dem Lager leben heute mehr als 12.000 Menschen. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit. Die Erfahrungen, die Ronahî Penaber auf, während und nach der Flucht aus der Heimat machte, fachten bei ihr ein „Bewusstsein gegen den Feind“ an. „Die Sehnsucht nach der Erde, auf der sie aufwuchs, schlug um in Wut. In Hevala Ronahî wuchs der Wunsch, den Feind zur Rechenschaft zu ziehen. Als sie erkannte, dass der Weg zu diesem Ziel über die Berge führt, schloss sie sich 2009 der Guerilla an“, so die HPG.

Ihre militärische Ausbildung erhielt Ronahî Penaber in der südkurdischen Xakurke-Region. Das Gelernte setzte sie in der Folge unter anderem in Xinêrê, Avaşîn, Cîlo, Gare und Metîna um. Zusätzlich zu autodidaktischen Weiterbildungen absolvierte sie auch eine Reihe von Fachschulungen, um ihr praktisches Können zu vertiefen und sich speziell bei neuzeitlichen Taktiken und Techniken auf den aktuellsten Stand zu bringen. „Sie galt als Organisationstalent und setzte diese Stärke überall, wo sie sich aufhielt, mit Mut und Entschlossenheit ein. Diese Eigenschaft und ihre Art, mit großem Einsatz selbstlos zu kämpfen, färbte auch auf andere Freundinnen und Freunde ab. Hevala Ronahî war bewusst, dass die Professionalisierung der militärischen Fähigkeiten allein nicht ausreicht für das Dasein bei der Guerilla. Deshalb ging sie zur Akademie der freien Frau, die nach Şehîd Bêrîtan benannt ist. Hier befasste sie sich mit den neuen Grundsätzen von Frauenbefreiung und ihrer Umsetzung in die Praxis. Sie behielt ihre Erkenntnisse nicht nur für sich, sondern vermittelte ihr Wissen auch an ihre Weggefährtinnen.“

Nach ihrer Zeit in Südkurdistan ging Ronahî Penaber nach Botan, Hochburg des Widerstands in Bakur. Sie kämpfte in verschiedenen Regionen, zuletzt in Besta. Zu den Umständen ihres Todes hatten die HPG erklärt: „Die türkische Besatzerarmee hat mit Unterstützung von Kontras am 21. Januar eine Militäroperation im Gebiet Besta in Botan eingeleitet. Kämpferinnen der YJA Star haben sich in Bewegung gesetzt, um den feindlichen Angriff zurückzuschlagen. Sie gewannen die Kontrolle über die Besatzer und Kontras und haben am 22. Januar zunächst den Kontra Nimet Encü mittels Sniper-Taktik bestraft. Da der feige Feind es nicht wagte, von Angesicht zu Angesicht mit unseren opferbereiten Kräften der YJA Star zu kämpfen, hat er das Gebiet mit der ihm zur Verfügung stehenden Kriegstechnik massiv bombardiert. Bei der stundenlangen Bombardierung sind zwei Genossinnen gefallen. Unsere Kräfte haben den Feind daraufhin mittels Sabotagetaktik angegriffen. Dabei wurden zwei Besatzer bestraft und ein Besatzer mit Rangabzeichen verwundet. Unsere vier Weggefährtinnen haben bis zum 23. Januar mutig gegen die Besatzer, die verräterischen Kontras und die Kriegstechnik gekämpft und mit den wenigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, einen legendären Widerstand geleistet. Sie sind gefallen, um nicht lebend in die Hände des Feindes zu geraten.“

Angesichts des Verlusts von Ronahî Penaber sprechen die HPG ihren Angehörigen und der Öffentlichkeit Kurdistans ihr Mitgefühl aus und erklären: „Unsere Weggefährtin hat uns das Erbe des Widerstands hinterlassen, als sie sich der Karawane der Gefallenen anschloss. Als ihre Freundinnen und Freunde ist es unsere Aufgabe, dieses Erbe anzutreten und den Kampf zu vergrößern.“