HPG veröffentlichen Namen von gefallenen Kämpferinnen

In der Besta-Region in Nordkurdistan sind im Januar sechs Guerillakämpferinnen gefallen. Die HPG haben die Identitäten von fünf Gefallenen veröffentlicht.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat Angaben zu den Identitäten der im Januar in der Besta-Region in Nordkurdistan gefallenen Guerillakämpferinnen veröffentlicht. In der Erklärung heißt es: „Die türkische Besatzerarmee hat mit Unterstützung von Kontras am 21. Januar eine Militäroperation im Gebiet Besta in Botan eingeleitet. Kämpferinnen der YJA Star haben sich in Bewegung gesetzt, um den feindlichen Angriff zurückzuschlagen. Sie gewannen die Kontrolle über die Besatzer und Kontras und haben am 22. Januar zunächst den Kontra Nimet Encü mittels Sniper-Taktik bestraft. Da der feige Feind es nicht wagte, von Angesicht zu Angesicht mit unseren opferbereiten Kräften der YJA Star zu kämpfen, hat er das Gebiet mit der ihm zur Verfügung stehenden Kriegstechnik massiv bombardiert. Bei der stundenlangen Bombardierung sind zwei Genossinnen gefallen. Unsere Kräfte haben den Feind daraufhin mittels Sabotagetaktik angegriffen. Dabei wurden zwei Besatzer bestraft und ein Besatzer mit Rangabzeichen verwundet. Unsere vier Weggefährtinnen haben bis zum 23. Januar mutig gegen die Besatzer, die verräterischen Kontras und die Kriegstechnik gekämpft und mit den wenigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, einen legendären Widerstand geleistet. Sie sind gefallen, um nicht lebend in die Hände des Feindes zu geraten.“

Die Kommandantin der Einheit war Rojbîn Dêrsîm. Die HPG erklären, dass die sechs Gefallenen ein weiteres Mal den unerschütterlichen Willen und die große Überzeugung freier Kurdinnen, die Leidenschaft für Freiheit, die Professionalität der Frauenguerilla und die taktische Intelligenz von Frauen gezeigt haben. Die ersten Schüsse seien auf den Kollaborateur Nimet Encü abgefeuert worden, betonen die HPG. Die Kämpferinnen hätten damit ihre Wut auf die Verräter und Kollaborateure in Kurdistan gezeigt.

Die HPG haben die Identitäten von fünf der Gefallenen bekannt gegeben. Angaben zu der sechsten Gefallenen sollen zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden. Die HPG sprechen den Angehörigen und dem Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus und erklären, dass der Kampf der Gefallenen weitergeht und die Erinnerung an sie lebendig gehalten wird.

Zu fünf der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

                                 

Codename: Rojbîn Dêrsîm
Vor- und Nachname: Raife Kutlak
Geburtsort: Colemêrg
Namen von Mutter und Vater: Meryem – Hüseyin
Todestag und -ort: 22. Januar 2023 / Besta

 

Codename: Delîla Goyî
Vor- und Nachname: Evîn Encü
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Naime – Hamit
Todestag und -ort: 22. Januar 2023 / Besta

 

Codename: Sila Faraşîn
Vor- und Nachname: Hamdiye Tekbudak
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Taybet – Selahattin
Todestag und -ort: 23. Januar 2023 / Besta

 

Codename: Nûda Arîn
Vor- und Nachname: Zozan Öcal
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Şirin – Seyvan
Todestag und -ort: 23. Januar 2023 / Besta

 

Codename: Dîrok Serhed
Vor- und Nachname: Leyla Sain
Geburtsort: Sêrt
Namen von Mutter und Vater: Hüsniye – Ahmet
Todestag und -ort: 23. Januar 2023 / Besta

 

Rojbîn Dêrsîm

Rojbîn Dêrsîm ist in Gever in der Provinz Colemêrg geboren und kannte die Guerilla seit Anfang der 1990er Jahre. Sie bewunderte den Mut der Kämpferinnen und Kämpfer und sah in ihnen die Hoffnung auf eine freie Zukunft. Als sehr junge Frau schloss sie sich 1996 der Guerilla an. Aufgrund der harten Kriegsbedingungen gab es nur begrenzte Ausbildungsmöglichkeiten. Durch ihre aktive Beteiligung entwickelte sich Rojbîn Dêrsîm innerhalb kurzer Zeit auf militärischem und ideologischem Gebiet. Bis 2003 hielt sie sich in den Guerillagebieten Gare, Zagros, Xinêrê und Qendîl auf. In dieser Zeit bezog sie eine eindeutige Haltung gegen alle Versuche, die kurdische Freiheitsbewegung durch die Inhaftierung von Abdullah Öcalan im Jahr 1999 und später durch Spaltung und Verrat zu eliminieren. 2003 ging sie nach Dêrsîm und kämpfte dort sieben Jahre lang. 2010 kam sie an die Frauenakademie „Şehîd Bêrîtan“, um ihre bisherige Praxis auszuwerten und sich mit der Frauenbefreiungsideologie auseinanderzusetzen. Es war für sie das erste Mal, dass sie sich an einem Ort aufhielt, an dem sich nur Frauen befanden. In der Ausbildung konnte sie ihre Lebens- und Kampferfahrungen an andere Frauen weitergeben. Sie beschäftigte sich intensiv mit der Ideologie von Abdullah Öcalan und der von der PKK geschaffenen Realität. Anschließend übernahm sie wichtige Aufgaben für die praktische Umsetzung des revolutionären Volkskrieges und hielt sich eine Zeitlang weiter in den Medya-Verteidigungsgebieten auf. Von dort aus ging sie 2016 in den Norden und war Mitglied der Gebietskommandantur von Botan. In dieser Funktion plante und koordinierte sie viele erfolgreiche Guerillaaktionen, so etwa eine revolutionäre Offensive im Juli 2016 in Sêrt, bei der die Guerilla die Kontrolle über weite Teile der Provinz übernahm. Da zeitgleich der suspekte Putschversuch in der Türkei stattfand, wurde darüber jedoch wenig berichtet. In der Bevölkerung von Botan war sie als unermüdliche Kommandantin bekannt, die Tag und Nacht im Einsatz war. In ihrem Kampf ging sie keine Kompromisse ein und diese Haltung bewahrte sie bis zum letzten Moment ihres Lebens.

Delîla Goyî

Delîla Goyî ist im Dorf Bêceh in Şirnex-Qileban geboren und gehörte dem Stamm der Goyî an. Sie kannte die PKK bereits als Kind. Aus ihrer Familie schlossen sich viele Menschen dem Befreiungskampf an und Delîla wuchs mit den Geschichten von Gefallenen auf. Der Vernichtungsfeldzug des türkischen Staates gegen ihr Volk wurde ihr auf brutale Weise bewusst, als am 28. Dezember 2011 34 Zivilisten in Roboskî bei einem Luftangriff getötet wurden. Bei den meisten der überwiegend jungen Männer handelte es sich um Verwandte von ihr. Den letzten Ausschlag für ihre Entscheidung zum bewaffneten Kampf waren die Angriffe des türkischen Kolonialstaates im Jahr 2015. Delîla machte sich mit einer Verwandten auf den Weg in die Berge und erreichte die Guerilla nach zwei Tagen Fußmarsch. Ihren Kampfnamen übernahm sie von der gefallenen Revolutionärin Delîla Meyaser, die sie bewunderte und deren Lieder sie bereits in ihrer frühen Jugend gehört hatte. Ihr erstes Praxisgebiet in den Bergen war Heftanîn. Sie entwickelte sich schnell weiter und übernahm bald Verantwortung auf Kommandoebene. 2019 kehrte sie in ihre Heimatregion Botan zurück, wo sie mutig und mit großer Überzeugung bis zur letzten Kugel kämpfte.

Sila Faraşîn

Sila Faraşîn ist im Dorf Xaviştan in Wan-Şax geboren und in einer der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehenden Familie aufgewachsen. 2010 schloss sie sich in Botan der Guerilla an und erfüllte damit ihren Kindheitstraum. Gleichzeitig war dieser Schritt ein Ausweg aus der Rolle, die Frauen in der traditionellen Gesellschaft zugedacht wird und die Sila ablehnte. Aus dem Dorf war sie harte Arbeit gewöhnt und sie beteiligte sich vorbehaltlos am Guerillaleben. Um ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern, machte sie eine Fachausbildung. Anschließend ging sie an die Frauenakademie „Şehîd Bêrîtan“ und setzte sich mit der Frauenbefreiungsideologie und ihrer eigenen Persönlichkeit auseinander. Ihre ersten praktischen Erfahrungen als Kämpferin der YJA Star machte sie in Botan. Dort übernahm sie Aufgaben als Kommandantin mobiler Einheiten und kämpfte jahrelang in führender Position gegen die türkische Armee.

Nûda Arîn

Nûda Arîn ist in Wan-Şax geboren und gehörte zum Stamm der Ertûşî, aus dem sich viele Menschen der PKK angeschlossen haben. Sie wuchs in einem entsprechenden Umfeld auf und ging 2012 in die Berge. Nach einer Grundausbildung in Metîna hielt sie sich unter anderem in Heftanîn und Qendîl auf und reifte zu einer kompetenten Kämpferin heran. Als der IS 2014 Südkurdistan angriff, beteiligte sich Nûda an der Verteidigung von Mexmûr und Kerkûk. Danach kehrte sie mit ihrer Einheit zurück in die Berge. Nach intensiver Vorbereitung ging sie 2019 nach Botan, wo sie mit großem Geschick die Taktiken der neuzeitlichen Guerilla umsetzte und an vorderster Front kämpfte.

Dîrok Serhed

Dîrok Serhed ist in Sêrt-Dih geboren, dem Bezirk, in dem 1984 die erste Kugel im kurdischen Befreiungskampf abgefeuert wurde. Ihre Familie war patriotisch und sie wuchs unter dem Eindruck des Leidens ihres Volkes und des Widerstands für eine freie Zukunft auf. Ihr wurde schnell bewusst, dass die türkischen Schulen Zentren der staatlichen Assimilationspolitik sind und sie dort wenig lernen kann. Auf der Suche nach Alternativen und in ihrer Wut über die Unterdrückung des kurdischen Volkes schloss sie sich 2013 in Gabar der Guerilla an. Von dort aus ging sie zur Grundausbildung in die Medya-Verteidigungsgebiete und kämpfte anschließend gegen den IS. In diesem Krieg kamen viele ihrer Mitkämpfer:innen ums Leben. Sie war davon tief betroffen, aber gleichzeitig wuchs ihre Entschlossenheit, ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern und sich ideologisch zu rüsten. Nach erfolgreichem Abschluss ihrer Aufgabe im Kampf gegen den IS kehrte sie in die Berge zurück und wurde 2017 Teil der Sondereinheit Hêzên Taybet, die eine besondere Opferbereitschaft voraussetzt. Nach weiteren Ausbildungen ging sie auf eigenen Wunsch nach Botan, wo sie Kommandoaufgaben übernahm und bis zum letzten Atemzug kämpfte.