Kontra bei Gefechten in Besta getötet

Bei Gefechten in der Besta-Region in Şirnex im Zuge einer türkischen Militäroperation ist ein Kontra von der Guerilla getötet worden. Der „Dorfschützer“ hatte sich als Freiwilliger an den Invasionen der Türkei in Rojava und Südkurdistan beteiligt.

In der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) ist ein Kontra von der PKK-Guerilla getötet worden. Der Vorfall ereignete sich bei Gefechten in der Besta-Region, wo die türkische Armee am Samstag nach mehreren Operationen am Gabar eine groß angelegte Militäraktion eingeleitet hat. An der unter der Leitung des militärpolizeilichen Regionalkommandos in Koordination mit dem Kommando des Korps für öffentliche Sicherheit der Gendarmerie Van geführten Offensive sind laut Innenministerium knapp 900 Armeeangehörige beteiligt.

Bei dem getöteten Kontra handelt es sich um Nimet Encü. Wie zu erfahren war, wurde der Kurde aus Qilaban (Uludere) bereits kurz nach Beginn der Operation am Sonnabend von der Guerilla ins Visier genommen und verletzt und zur medizinischen Versorgung ins Hauptquartier der türkischen Grenzschutzzentrale in Şirnex gebracht. Dort erlag er am Sonntag seinen schweren Verletzungen.

Nimet Encü | Bildquelle: Twitter

Nimet Encü ist kein Unbekannter innerhalb der Szene der paramilitärischen „Sicherheitswachen“ (ehemals Dorfschützer) in Nordkurdistan. Er zählte zu jenen Mitgliedern dieses Systems, die sich freiwillig zur Bekämpfung von Guerillaaktivitäten in den Dienst der türkischen Armee stellten. Neben diversen Militäroperationen in Nordkurdistan beteiligte er sich auch an grenzüberschreitenden Invasionen der Türkei in Südkurdistan (Kurdistan-Region Irak) sowie an den Angriffskriegen der Türkei in Efrîn und Serêkaniyê in Rojava (Nord- und Ostsyrien). Zudem war er in den staatlich betriebenen Ökozid in Şirnex verstrickt.

Was sind Dorfschützer?

Dorfschützer sind paramilitärische Einheiten, die in Kurdistan gegen die Guerilla und unliebsame Oppositionelle eingesetzt werden. Sie bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus Stammesführern, Großgrundbesitzern, Familien und Einzelpersonen, die oft seit Jahrzehnten mit dem Staat zusammenarbeiten und versuchen, in Kurdistan für die Interessen des Staates einzutreten. Ein Teil tritt diesem System freiwillig bei, andere werden mit Mord, Verhaftung und Vertreibung bedroht und müssen unter Druck Dorfschützer werden. Als historisches Vorbild gelten die Hamidiye-Regimenter: eine zur „Aufstandsbekämpfung in Ostanatolien“ Ende des 19. Jahrhunderts durch einen osmanischen Sultan gegründete Kavallerietruppe mit teils kurdischen Mitgliedern, die sich am Genozid an der armenischen Nation beteiligte.

Das heutige Dorfschützersystem ist 1985 entstanden, ein Jahr nach dem Auftakt des bewaffneten Kampfes der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Damals begann die türkische Regierung unter Turgut Özal damit, kurdische Stämme und Clans im Krieg gegen die PKK anzuwerben und zu bewaffnen. Tausende kurdische Dörfer, die das Dorfschützersystem ablehnten, wurden in den 1990er Jahren vom Staat niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht.

Nach und nach wurde das System der Dorfschützer in die bestehende Sicherheitsstruktur integriert. Die Bezeichnung Dorfschützer wurde in „Sicherheitswachen“ geändert, ihr Tätigkeitsfeld erweitert und ihnen das Recht erteilt, Handfeuerwaffen zu besitzen und zu tragen. Zur Verjüngung der Sicherheitswachen versetzte die Regierung im Jahr 2017 mehr als 18.000 Dorfschützer in den Ruhestand und rekrutierte über 25.000 neue Mitglieder.