Vier Guerillakämpfer:innen in Gabar gefallen
Die Guerillakämpfer:innen Evrim Sumbul, Hogir Botan, Şervan Çiya und Rênas Serfiraz sind am 9. Januar bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in Gabar gefallen.
Die Guerillakämpfer:innen Evrim Sumbul, Hogir Botan, Şervan Çiya und Rênas Serfiraz sind am 9. Januar bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in Gabar gefallen.
Die Guerillakämpfer:innen Evrim Sumbul, Hogir Botan, Şervan Çiya und Rênas Serfiraz sind im Kampf gegen die türkische Armee in Nordkurdistan gefallen. Das teilt das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) mit: „Am 9. Januar 2023 haben heftige Gefechte zwischen unseren Kräften im Gebiet Gabar und der türkischen Besatzungsarmee stattgefunden. Unsere Weggefährt:innen Evrim, Hogir, Şervan und Rênas haben unseren Befreiungskampf in Gabar angeführt und bis zum letzten Atemzug mutig gekämpft. Sie sind bei den Gefechten gefallen. Unsere tapferen Genoss:innen haben sich mit mit ihrer opferbereiten Beteiligung am Freiheitskampf Kurdistans als wertvolle Angehörige unseres Volkes erwiesen. Sie haben eine führende Rolle im Kampf gespielt und werden uns auch als Gefallene weiterhin anführen.“ Die HPG sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem kurdischen Volk ihr Mitgefühl aus.
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Codename: Evrim Sumbul Vor- und Nachname: Menice Özkan Geburtsort: Colemêrg Namen von Mutter und Vater: Meliha – Ahmet Todestag und -ort: 9. Januar 2023 / Gabar |
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Codename: Hogir Botan Vor- und Nachname: Ömer Sungur Geburtsort: Konya Namen von Mutter und Vater: Hatice – Mehmet Nezir Todestag und -ort: 9. Januar 2023 / Gabar |
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Codename: Şervan Çiya Vor- und Nachname: Mustafa Bayındır Geburtsort: Êlih Namen von Mutter und Vater: Hediye – İhsan Todestag und -ort: 9. Januar 2023 / Gabar |
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Codename: Rênas Serfiraz Vor- und Nachname: Mehmet Yılmaz Geburtsort: Amed Namen von Mutter und Vater: Caziye – Gıyasettin Todestag und -ort: 9. Januar 2023 / Gabar |
Evrim Sumbul
Evrim Sumbul ist in Colemêrg (tr. Hakkari) geboren und in einem der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Da sich aus ihrer Familie und ihrem Bekanntenkreis viele Menschen im Freiheitskampf engagierten, kannte Evrîm die PKK bereits als Kind. Die Unterdrückung des kurdischen Volkes durch den türkischen Staat prägte ihr Bewusstsein und sie vergaß diese Erfahrungen zu keiner Zeit. 2004 lernte sie erstmalig persönlich Guerillakämpfer:innen kennen. Deren Umgang mit den Menschen, ihre Entschlossenheit im Kampf und ihr selbstloses Leben hinterließen einen bleibenden Eindruck bei Evrim. Sie trat im Zagros-Gebirge der Guerilla bei. Diesen Schritt bezeichnete sie später als Neugeburt. Die Guerilla und das Leben in den Bergen bewertete sie als eine Tür zur Freiheit und als Ort, an dem ein Mensch zu seinem wahren Wesen zurückfinden kann. Die PKK habe ihr die Möglichkeit gegeben, aus dem für Frauen in der Gesellschaft vorgesehenen Status einer Sklavin auszubrechen.
Ihre Grundausbildung fand in der Region Avaşîn statt. Danach ging sie in Praxis und bildete sich gleichzeitig militärisch und ideologisch weiter. Sie beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte der PKK und dem Widerstand im Kerker von Amed nach dem Militärputsch in der Türkei. Ab 2016 beteiligte sie sich an der Verteidigung Kurdistans gegen die Angriffe des IS. In dieser Zeit machte sie wichtige Kampferfahrungen. Auf eigenen beharrlichen Wunsch ging sie anschließend nach Gabar, wo sie ihren Kampf fortsetzte und als Kommandantin der YJA Star an vielen erfolgreichen Aktionen gegen die türkische Armee teilnahm. Dabei zeigte sie große Professionalität und taktische Kreativität, wodurch sie in Botan und für die Guerilla in ganz Nordkurdistan zu einem unvergesslichen Vorbild wurde.
Hogir Botan
Hogir Botan stammte aus Cizîra Botan, einer Region, die in den 1990er Jahren besonders stark von den Dorfverbrennungen der türkischen Armee betroffen war und ihren Widerstandsgeist trotzdem nie aufgegeben hat. Seine Familie musste aufgrund der Unterdrückung nach Konya ziehen, wo Hogir zur Welt kam und mit der kurdischen Kultur aufwuchs. Als Heranwachsender wurde er Zeuge der staatlichen Vernichtungspolitik gegen das kurdische Volk und engagierte sich in der Jugendbewegung. Aufgrund seiner Aktivitäten und seiner großen Energie bei dieser Arbeit zog er die Aufmerksamkeit des Staates auf sich und wurde fünfmal festgenommen. 2011 schloss er sich der Guerilla an und absolvierte eine Grundausbildung in Metîna. Danach kam er nach Heftanîn, anschließend machte er eine Spezialausbildung in verschiedenen Kampftaktiken. In dieser Ausbildung erlangte er nicht nur militärische Fähigkeiten, sondern setzte sich intensiv mit der Ideologie von Abdullah Öcalan und der praktischen Umsetzung im täglichen Leben auseinander. Von 2013 bis 2016 kämpfte er in verschiedenen Gebieten gegen den IS und andere islamistische Gruppierungen. Dabei erlitt er eine Bauchverletzung und kehrte nach seiner Genesung zurück an die Front. Er gewann große militärische Erfahrungen, die er an die unter seinem Kommando stehenden Kämpfer:innen weitergab. Hogir Botan war einer der mutigen Menschen, die maßgeblich zur Niederlage des IS beigetragen und damit der ganzen Welt einen Dienst erwiesen haben. Nach Vollendung seiner Mission kam er zurück in die Berge und ging an die Mazlum-Doğan-Akademie, um sich weiterzubilden und seinen bisherigen Kampf auszuwerten. Die HPG beschreiben ihn als einen Militanten, der hinsichtlich seiner Prinzipien keine Kompromisse machte und auftretende Fehler und Mängel kritisierte, um das Leben innerhalb der PKK zu schützen und weiterzuentwickeln. Er war als opferbereite und willensstarke Persönlichkeit bekannt und übernahm Aufgaben, die großes Vertrauen, Sensibilität und Stabilität voraussetzten.
2018 ging Hogir nach Nordkurdistan und kam nach Gabar, wo er in führender Position an vielen Aktionen teilnahm und seinen entschlossenen Kampf fortsetzte. Mit der erfolgreichen Umsetzung neuer Guerillataktiken gelang es ihm, mehrere feindliche Operationen ins Leere laufen zu lassen. Mit seinen kämpferischen Eigenschaften und seiner Bescheidenheit und Einsatzbereitschaft war Hogir Botan ein Beispiel der Militanz der PKK und hat ein großes Widerstandserbe hinterlassen, so die HPG.
Şervan Çiya
Şervan Çiya ist in Sason in der nordkurdischen Provinz Êlih (tr. Batman) geboren und in einem patriotischen Umfeld aufgewachsen. In den 1990er Jahren musste er mit seiner Familie aufgrund der Unterdrückung und Angriffe des türkischen Staates sein Dorf verlassen und lebte danach in der Provinzhauptstadt. Zum Studium ging er nach Antalya, wo ihm das Ausmaß der Assimilierungspolitik deutlich wurde. Er wollte seine Ausbildung im Gesundheitswesen in Kurdistan fortsetzen und kam an die Universität in Bedlîs. Auch dort war er mit der feindlichen Realität des Staates konfrontiert und erlebte das Leid der Bevölkerung. Ab 2011 nahm er an der Arbeit der kurdischen Jugendbewegung teil. Dadurch lernte er die von der PKK vertretenen Werte und die Ideologie von Abdullah Öcalan besser kennen und setzte sich dafür ein, anderen jungen Menschen ein entsprechendes Bewusstsein zu vermitteln. Nachdem er mehrfach festgenommen wurde, ging er schließlich in die Berge und verbrachte eine Zeit bei der Guerilla in Nordkurdistan. Für seine Grundausbildung kam er in die Medya-Verteidigungsgebiete, im Anschluss machte er eine militärische Spezialausbildung und arbeitete danach als Mediziner. Als Guerillaarzt ging er in die Kampfgebiete und versorgte unter schwierigen Umständen Verwundete. Bei dieser Arbeit wurde er 2017 selbst verletzt. Nach seiner Genesung ging er wieder an die Front. Er beschränkte sich bei seiner Arbeit nicht auf den gesundheitlichen Bereich, sondern entwickelte sich auch auf militärischem und ideologischem Gebiet weiter, um auf alle ihm zufallenden Aufgaben vorbereitet zu sein. Mit seinem herzlichen und natürlichen Wesen und seinem vorbehaltlosen Einsatz für seine Mitkämpfer:innen entwickelte er sich zu einem führenden Militanten und einem beispielhaften Kommandanten der Neuzeit. Sein Wunsch war immer, in Bakur (Nordkurdistan) zu kämpfen. Dafür bildete er sich ständig weiter. Sein Traum wurde schließlich erfüllt und er war lange Zeit in Gabar, wo er sich mutig und erfolgreich am Guerillakampf beteiligte und gleichzeitig als Doktor Şervan seine Mitkämpfer:innen versorgte.
Rênas Serfiraz
Rênas Serfiraz ist in Amed-Karaz geboren und in einem dem Befreiungskampf nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Seine Familie war der kurdischen Kultur und den Traditionen verbunden und nahe Verwandte von ihm kämpften in der Guerilla. Rênas entwickelte schnell revolutionäre Gefühle und empfand große Wut angesichts der staatlichen Vernichtungs- und Assimilierungspolitik. Als Jugendlicher suchte er nach Möglichkeiten des Widerstands. Ausschlaggebend für seinen weiteren Weg war der Tod seiner Cousine Silav Amed (Filiz Tabu), die 2009 in Sêrt im Kampf ums Leben kam. Rênas wollte ihren Kampf bei der Guerilla fortsetzen und sie rächen. Aufgrund der bestehenden Bedingungen musste er seinen Beitritt jedoch eine Zeitlang verschieben und war in der Jugendbewegung aktiv. Als massive Angriffe auf die Revolution von Rojava stattfanden, unternahm er einen weiteren Versuch und ging 2014 in Amed in die Berge. Er machte eine Grundausbildung in Heftanîn und entwickelte sich schnell weiter. Dabei profitierte er von erfahrenen Kämpfer:innen und gewann in kurzem Zeitraum Erkenntnisse, die auf einem langjährigen Erfahrungsschatz basierten. Auf dieser Grundlage nahm er lange Zeit an Arbeiten teil, die großes Vertrauen und militärische Fähigkeiten erforderten. Um seine ideologische Bildung zu vervollständigen, ging er an die Mahsum-Korkmaz-Akademie, wo er sich intensiv mit dem Paradigma von Abdullah Öcalan und den Erfordernissen des revolutionären Volkskrieges auseinandersetzte und seine bisherige Arbeit auswertete. Danach ging er als Kommandant wieder nach Heftanîn und verteidigte die Region gegen die türkischen Besatzungsversuche. Zuletzt kam er nach Gabar, wo er sich mit großem Verantwortungsbewusstsein an zahlreichen Aktionen gegen den Feind beteiligte.