Friedensdelegation trifft Friedensmütter

Frauen der Friedensdelegation in Südkurdistan haben den Frauenverband RJAK in Silêmanî besucht und sich mit Friedensmüttern ausgetauscht. Diese Mütter haben ihre Kinder im Krieg verloren, manche haben Kinder bei der Guerilla und bei den Peschmerga.

Am Samstag haben sich einige Frauen der internationalen Friedensdelegation in Silêmanî mit Friedensmüttern und Vertreterinnen der Frauendachverbandes RJAK (Rêxistina Jinên Azad a Kurdistanê / Organisation der freien Frauen Kurdistans) getroffen. Die Friedensmütter mit ihren weißen Kopftüchern und würdevollem und herzlichem Auftreten vermittelten der Friedensdelegation sowohl das Leid, das sich durch ihr Leben zieht, als auch mit großer Klarheit eine Analyse der politischen Situation. Im Anschluss an das Treffen wurde im Garten vor dem Haus ein Pressegespräch mit Journalistinnen durchgeführt.

Die Vertreterinnen der Friedensdelegation wurden herzlich in den Räumen von RJAK empfangen und ihre Anwesenheit in Südkurdistan als sehr bedeutend bewertet. Es wurde eine große Dankbarkeit für den Besuch als Friedensdelegation in Südkurdistan ausgedrückt, der auf eine Beendigung des Krieges der Türkei hinwirkt, eine weitere Besatzung verhindern möchte und den Beginn von Dialogen statt eines drohenden Krieges unter Kurd:innen erreichen möchte.

Video: RojNews

Über die Gemeinsamkeit in Bezug auf diese konkreten, dringlichen Ziele hinaus wurde eine tiefe Verbundenheit mit Frauenbewegungen weltweit ausgedrückt. „Die Frauenrevolution verbindet Frauen weltweit gegen die kapitalistische Moderne“, sagte eine Friedensmutter. Sie selbst seien auf dem Weg, eine Frauenrevolution zu vollziehen. Dafür findet Bildungs- und Bewusstseinsarbeit statt. So könne eine mentale Revolution stattfinden. Das stärke sie und mit dieser Stärke seien sie nicht mehr zu schlagen. Sie begreifen sich als bewussten Teil der Revolution.

Uns wurde das Herz aus dem Körper gerissen“

Die anwesenden Friedensmütter sprachen auch im Namen weitere Mütter, die aufgrund der beengten Räumlichkeiten nicht am Treffen teilnehmen konnten. Sie alle haben ihre Kinder verloren, einige bereits durch die Giftgasangriffe unter Saddam Hussein Ende der 1980er Jahre, auch beim Massaker in Helebce (Halabdscha) 1988, andere durch Giftgaseinsätze des türkischen Militärs gegen die Guerilla in den Bergen. Sie haben Kinder verloren, die als Peschmerga gefallen sind, wie auch Kinder, die in der Guerilla ums Leben kamen – manchmal beides in einer Familie. Das Leid der Mütter ist groß und prägt ihr Leben. Mehrere von ihnen sagten: „Uns wurde das Herz aus dem Körper gerissen.“

Sie benennen ihr Leiden mit klaren Worten, dennoch stellen sie nicht den Schmerz, sondern die Widerstandskraft in den Vordergrund. Sie beschreiben die Verantwortung, die sie als ältere Frauen übernehmen, um den Jüngeren eine Zukunft zu ermöglichen. Sie haben bereits viele Besatzer erlebt und sich dagegengestellt. Gegenwärtig kämpfen sie gegen die militärischen Angriffe der Türkei und die drohende türkische Besatzung mit ethnischen Neuordnungen und Vertreibung der kurdischen Bevölkerung, die massive Verletzungen der Menschen- und Frauenrechte bedeuten würde. Um zu verstehen, was ihnen droht, müssten wir nur nach Efrîn und die anderen von der Türkei besetzen Gebiete schauen, wurde auf Nachfrage erklärt.

Gemeinsam mit den Vertreterinnen des Dachverbandes RJAK stellen sich die Friedensmütter nicht nur gegen die patriarchale Unterdrückung in den eigenen vier Wänden, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen gegen die Unterdrückung als Kurd:innen und gegen Unterdrückung weltweit. Auch die Verhinderung einer ökologischen Vernichtung verbinden sie mit ihren Kämpfen. Der Krieg bringe auch viel Naturzerstörung mit sich. Es würde mit allen Kriegsmitteln, die zur Verfügung stehen, versucht, den Kurd:innen ihr Land wegzunehmen und sie zu vertreiben. Das Wasser wird kontrolliert und der Zufluss verhindert. Bäume werden gefällt und Wälder abgebrannt, Genozide werden praktiziert, Giftgaseinsätze, Drohnenangriffe, Luftbombardierungen finden statt. In Verbundenheit mit der Natur, der Erde und dem Land müssten weitere Vernichtungschläge und Vertreibungen verhindert werden.

Bildung und Kulturarbeit: „Wachrütteln und Frauen entfesseln“

Zu den Aktivitäten der Frauenorganisierung gehört neben der Beteiligung an Demonstrationen und Kundgebungen auch die Organisation von Kulturarbeit, Gesang, Kunst, Tänzen und Kurdischkursen. Dafür gibt es eigene Räume. Dort werden auch spezifische Fähigkeiten an Frauen vermittelt. Damit Frauen ökonomisch unabhängig werden, lernen sie beispielsweise Schneidern. Die gesamte Arbeit wird ehrenamtlich ausgeführt. Da die Frauen keine finanzielle Unterstützung beispielsweise von der Regierung erhalten, kann sich die Arbeit nur langsam entwickeln. Um die Revolution voranzutreiben, wachzurütteln und Frauen zu entfesseln, bräuchten sie zum einen emotionale, aber auch finanzielle Hilfe, wurde formuliert.

Doch zurzeit steht für die Frauen in Silêmanî an erster Stelle, die Besatzung durch den türkischen Staat zu verhindern. Ein Gespräch der Friedensmütter und des Frauendachverbandes RJAK mit der irakischen Regierung, um sich für einen Frieden einzusetzen, wurde bislang verweigert.