Frau von inhaftiertem Journalisten unter Hausarrest gestellt

Hülya Oruç, Ehefrau des inhaftierten kurdischen Journalisten Aziz Oruç, wurde in Amed unter Hausarrest gestellt. Der zweifachen Mutter wird im Zusammenhang mit Beiträgen über unzureichende Corona-Maßnahmen im Gefängnis von Patnos „Panikmache“ vorgeworfen.

Ein türkisches Gericht in der nordkurdischen Metropole Amed (Diyarbakir) hat Hülya Oruç, die Ehefrau des inhaftierten kurdischen Journalisten Aziz Oruç, unter Hausarrest gestellt und ein Ausreiseverbot verhängt. Der Mutter von zwei kleinen Kindern wird im Zusammenhang mit Beiträgen im Kurznachrichtendienst Twitter über unzureichende Corona-Maßnahmen im Typ-L-Gefängnis von Patnos, in dem ihr Mann seit Dezember 2019 inhaftiert ist, „Verbreitung von Panik und Angst in der Bevölkerung“ vorgeworfen. Der Journalist hatte seine Frau telefonisch über Corona-Verdachtsfälle in Gemeinschaftszellen der Vollzugsanstalt in der Provinz Agirî (Ağrı) informiert und beklagt, dass die Gefängnisleitung dennoch untätig bleibe. Weder würden betroffene Gefangene isoliert, noch seien Schutzmaßnahmen für die Gefangenen getroffen worden, berichtete auch ANF.

Gegenüber der Organisation „Media and Law Studies Association“ (MLSA), die Aziz Oruç anwaltliche Pro-Bono-Unterstützung bietet, äußerte Hülya Oruç, dass sie den Vorwurf, Panikmache betrieben zu haben, nicht akzeptiere. „Ich habe lediglich menschliche Werte verteidigt – ohne irgendwelche Hintergedanken.“ Die Festnahme und ihre Überstellung an die Strafabteilung des Amtsgerichts habe sie zutiefst beunruhigt. „Meine Kinder sind noch zu klein und auf mich angewiesen. Ich selbst leide an einer Herzkrankheit und muss regelmäßig zur Behandlung in ein Krankenhaus.“ Die ihr zum Vorwurf gemachten Twitter-Beiträge hat Oruç mittlerweile gelöscht.

Wer ist Aziz Oruç?

Aziz Oruç ist einer von Hunderten Journalisten, die sich in der Türkei im Gefängnis befinden. Er wurde im vergangenen Dezember als mutmaßliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung in Agirî verhaftet.

Vor seiner Festnahme hatte Oruç versucht, vom Iran aus über Armenien nach Europa zu gelangen, um politisches Asyl zu beantragen. An der armenisch-iranischen Grenze wurde er festgenommen und gefoltert. Ein daraufhin aus der Not heraus gestelltes Asylgesuch wurde erst gar nicht an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Stattdessen wurde Oruç an iranische Sicherheitskräfte übergeben. Nach einer weiteren Festnahme auf iranischer Seite der Grenze, erneuter Folter und einer Geldstrafe wurde Oruç schließlich barfuß im türkischen Grenzgebiet ausgesetzt. Dort wurde am 11. Dezember festgenommen. Eine Woche später wurde Haftbefehl erlassen.

Anfang März wurde Aziz Oruç aufgrund eines im Jahr 2017 eingeleiteten Verfahrens wegen „Propaganda für eine verbotene Organisation“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Ihm wurden Twitter-Beiträge vorgeworfen, die er als Korrespondent der inzwischen verbotenen Nachrichtenagentur DIHA verfasst hatte. Bevor Oruç in den Iran ging, arbeitete er ungefähr drei Jahre lang in Südkurdistan als Journalist.