Der Rechtsanwalt Veysel Ok ist von der britischen Organisation „Index of Censorship” für sein Engagement für Menschen, die in der Türkei zur Zielscheibe von Einschüchterung, Überwachung und Schikane geworden sind, mit dem „Freedom of Expression Award 2020” in der Kategorie „Campaigning” ausgezeichnet worden. Die in London ansässige internationale Einrichtung zeichnet Persönlichkeiten aus, die mit Kunst, Kampagnen, digitalen Aktivitäten und Journalismus gegen Zensur kämpfen. Ok teilt sich den Preis mit dem bahrainischen Menschenrechtsaktivisten Sayed Ahmet Alwadei, der momentan im britischen Exil lebt.

Mit der Auszeichnung wurde der 1984 in Amed (türk. Diyarbakir) geborene Veysel Şiyar Ok, der Ko-Vorsitzender der „Media and Law Studies Association“ (MLSA) ist, einer von ihm mitbegründeten Organisation, die anwaltliche Pro-Bono-Unterstützung für Journalisten, Akademiker und Aktivisten, die aufgrund ihrer Arbeit in der Türkei strafrechtlich verfolgt werden, bietet, für sein konsequentes Eintreten für Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit gewürdigt.

Ok: Ein Preis für den Kampf um Meinungsfreiheit in der Türkei

Die Preisverleihung war ursprünglich für den 1.April in London anberaumt, vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie fand sie allerdings erst heute virtuell auf dem Twitterkanal von Index of Censorship statt. In seiner Dankesrede sagte Ok: „Seit zwölf Jahren kämpfe ich für das Recht auf freie Meinungsäußerung von Journalisten, Schriftstellern und allen anderen Bürgern. In den letzten drei Jahren setzen wir diesen Kampf durch die MLSA fort, deren Ko-Direktor ich bin. Wir bieten Journalisten und Aktivisten, die sich im Gefängnis befinden und keinen Zugang zu juristischer Hilfe haben, rechtliche Unterstützung. Wir stehen an ihrer Seite und kämpfen für ihre Rechte und Freiheiten. Und wir kämpfen für das Recht auf Informationsfreiheit in der Türkei. Hin und wieder sind wir in der Lage, Ergebnisse zu erzielen. Deshalb ist die Arbeit, die wir mit der MLSA leisten, von entscheidender Bedeutung. Diese Auszeichnung ist ein Preis für den Kampf für die Meinungsfreiheit in der Türkei. Sie zeigt, dass unsere Arbeit die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft gefunden hat und sich ein größeres internationales Bewusstsein dafür entwickelt hat. Das gibt uns unglaubliche Hoffnung und macht uns stolz. Dank dieses Preises werden wir unsere Arbeit in breiteren Kreisen bekannt machen und noch mehr Menschen durch unsere Arbeit unterstützen können.”

Ok selbst ebenfalls verurteilt

Veysel Ok hat neben einer langen Liste von unbekannten Menschen auch einige namhafte Journalisten bei Gericht vertreten, darunter Deniz Yücel und Ahmet Altan. Er ist auch der Verteidiger des Gießeners Patrick K., der in der Türkei zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Auch Ok selbst wurde in der Türkei bereits zu einer Haftstrafe verurteilt, wegen dem Vorwurf der „Verunglimpfung staatlicher Justizbehörden”. Die Grundlage der Anklage bildete ein Interview, in dem Ok die türkische Justiz als „einfarbig” bezeichnet und darauf hingewiesen hatte, dass Gerichtsentscheidungen von „jenen an der Macht” beeinflusst würden und deren Ausgang somit schon von vornherein feststünde. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Index on Censorship

Die Organisation Index on Censorship wurde 1972 auf Anregung des Dichters Stephen Spender gegründet und diente ursprünglich vor allem als Forum für unterdrückte Texte von Dissidenten aus dem damaligen Ostblock. Heute kämpft die Organisation gegen alle Formen der Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Prominente Unterstützer und Beiträger waren Alexander Solschenizyn und Vaclav Havel, auch Salman Rushdie und Noam Chomsky sind ihr verbunden. Die Organisation publiziert viermal im Jahr ein Print-Magazin und unterhält die Website www.indexoncensorship.org. Im letzten Jahr hatte die Einrichtung die kurdische Künstlerin und Journalistin Zehra Doğan ausgezeichnet.