Ermittlungsakte gegen Buldan nach Ankara übersendet

Die Ermittlungsakte gegen die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan wegen ungebührlichem Verhalten bei Gericht liegt bei der Oberstaatsanwaltschaft in Ankara. Es wird erwartet, dass Anklage gegen die Politikerin erhoben wird.

Die Ermittlungsakte gegen die kurdische Politikerin Pervin Buldan wegen ungebührlichem Verhalten bei Gericht ist an die Oberstaatsanwaltschaft Ankara übersendet worden. Damit dürfte es nicht mehr lange dauern, bis eine weitere Anklage gegen die Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP) erhoben wird.

Hintergrund des Verfahrens sind Äußerungen von Buldan beim Prozessauftakt gegen den Mörder der HDP-Mitarbeiterin Deniz Poyraz. Der Angeklagte, ein bekennender türkischer Faschist, war am 17. Juni bewaffnet in die rund um die Uhr von der Polizei observierte HDP-Zentrale in Izmir eingedrungen und hatte die junge Kurdin mit sechs abgefeuerten Kugeln getötet. Nach dem Anschlag wurde er von der Polizei vom Tatort weggebracht und dabei freundlich mit „Bruder“ angesprochen. Seit Ende Dezember steht er deshalb vor Gericht.

Der erste Verhandlungstag am 29. Dezember war in einer chaotischen Atmosphäre verlaufen. Der Angeklagte hatte mehrfach die als Nebenkläger zugelassenen Angehörigen von Deniz Poyraz beleidigt, wurde dafür aber weder vom Gericht noch von den anwesenden Militärpolizisten belangt. Daraufhin war es im Gerichtssaal zu wütenden Protesten gekommen, bei denen die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan das Gericht zum Einschreiten aufforderte: „Dieser Mann ist in Minbic an der Waffe ausgebildet worden und ein Mörder, ein IS-Anhänger. Sie können nicht einfach ruhig bleiben, er muss wie ein Mörder behandelt werden!“

Noch am selben Abend teilte die Generalstaatsanwaltschaft Izmir mit, gegen Buldan ein Ermittlungsverfahren wegen grober Beleidigung des Gerichts gegenüber eingeleitet zu haben. Die 54-Jährige habe „durch das Verlauten von ungebührlichen Worten und das Zeigen entsprechender Gesten“ versucht, dem Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren entgegenzuwirken. Zudem habe sie die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege, „insbesondere die ungestörte Wahrheits- und Rechtsfindung“, beeinflussen wollen, heißt es in der Akte. Die Wortwahl Buldans sei „grob beleidigend“ gewesen. Dass sie während ihrer Rede mit dem Finger auf die Richter zeigte, habe das Ansehen des Kollegialgerichtes verletzt.