Nupelda Çelik ist Aktivistin der Initiative „Frauenbefreiung“ in Ankara und hat sich gegenüber ANF zur Frauenpolitik der Regierung in der Türkei geäußert. Sie weist darauf hin, dass Frauen unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung in den häuslichen Raum zurückgedrängt werden und trotzdem weiterkämpfen. Die Regierung will anstelle der annullierten Istanbul-Konvention ein „Ankara-Abkommen“ installieren, Nupelda Çelik stellt dazu fest, dass der grundlegende Unterschied der beiden Abkommen die Scharia-Gesetzgebung ist.
Die letzte Massenzusammenkunft von Frauen sei am 8. März 2020 gewesen, als der Begriff Pandemie noch nahezu unbekannt war, erklärt die Frauenrechtsaktivistin: „Die Zeit danach war für die Regierung des Männerstaats die notwendige Zutat für ihre Pläne, Frauen im Haus einzusperren und uns unsere wirtschaftliche Freiheit zu nehmen. Für Frauen sind Männer jedoch ebenso tödlich wie das Coronavirus, sie haben ihren Kampf daher fortgesetzt und die Pläne der Regierung ins Wasser fallen lassen. Für ihre Schwestern, die täglich ermordet werden und psychologische, wirtschaftliche, physische, emotionale und sexualisierte Gewalt erfahren, die in der Wohnung eingesperrt und zur Armut verdammt werden, haben Frauen weiter die Straßen und die sozialen Medien besetzt.“
Zu der staatlichen Angriffspolitik gegen die Einrichtungen und Errungenschaften von Frauen erklärt Nupelda Çelik: „Der Männerstaat hat 2020 versucht, Fraueneinrichtungen zu blockieren und funktionslos zu machen. Besonders betroffen war der Frauenverein Rosa in Diyarbakir (ku. Amed). Vorstandsmitglieder und Mitarbeiterinnen wurden festgenommen und verhaftet. Weil die Frauen sich dadurch nicht wie gewünscht haben einschüchtern lassen, ist diese Prozedur im April 2021 wiederholt worden. Anfang der Woche sind erneut Wohnungen gestürmt und Frauen festgenommen worden, die für die Istanbul-Konvention zusammenkommen und eintreten wollten.“
Die Türkei sei kurz vor Newroz in einer Nachtaktion aus der Istanbul-Konvention ausgetreten, fährt Nupelda Çelik fort: „Der Palast kann nicht über die Errungenschaften und das Recht auf Leben von Frauen bestimmen. Der wesentliche Unterschied zwischen der internationalen Istanbul-Konvention und dem geplanten nationalen Ankara-Abkommen ist die Streichung der LGBTI-Rechte und ihre Ersetzung durch Scharia-Gesetze.“
Nupelda Çelik unterstreicht, dass Frauen ihr Recht auf Selbstbestimmung über ihr Leben und ihre Körper nicht aufgeben werden: „Frauen werden nicht auf ihre Rechte und die Istanbul-Konvention verzichten. Die Konvention gehört uns, wir werden ihren Gegnern im Nacken sitzen, bis die Bestimmungen dieses Abkommens umgesetzt werden.“