In Hatay sollen zwei Aktivistinnen der Plattform „Frauen sind gemeinsam stark“ jeweils 427 TL Geldstrafe zahlen, weil sie sich für den Erhalt der Istanbul-Konvention eingesetzt haben. Der zum 1. Juli per Präsidialdekret vollzogene Rückzug aus dem völkerrechtlichen Frauenschutzabkommen war im vergangenen März angekündigt worden. Landesweit laufen seitdem Frauenorganisationen Sturm gegen die Entscheidung des Präsidenten, so auch die Initiative in Hatay.
Am 27. März hatten sich Mitglieder der Plattform in der Provinzhauptstadt Antakya versammelt, um unter dem Motto „Wir geben die Istanbul-Konvention nicht auf – Die Istanbul-Konvention rettet Leben“ eine öffentliche Erklärung an die Presse abzugeben. Weil sie eine Polizeimaßnahme nicht befolgt hätten – in ihrem Fall einen Platzverweis – erhielten die Frauen nun Post von der Kommunalverwaltung. Darin werden sie aufgefordert, das Bußgeld umgehend zu begleichen.
Geldbußen gegen ungehorsame Frauen im Zusammenhang mit Protesten gegen die Aufkündigung der Istanbul-Konvention haben sich in AKP-geführten Kommunen zu einer lukrativen Einnahmequelle entwickelt. Aktivistinnen der Frauenplattform Mersin werden etwa seit letztem Jahr mit Bußgeldbescheiden regelrecht überschwemmt. Die Summen haben utopische Ausmaße. Bis vergangenen April wurden Geldstrafen in Höhe von rund 128.000 TL, umgerechnet etwa 12.844 Euro, verhängt. Doch auch andernorts hat sich die Methode etabliert. Zudem laufen vielerorts, unter anderem in den Großstädten Istanbul, Ankara und Izmir, mehrere Gerichtsverfahren gegen Frauen, die wegen Protesten gegen den Austritt der Türkei aus der Frauenrechts-Konvention angeklagt sind. Der Vorwurf lautet in der Regel „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“. Bei einer Verurteilung drohen zwischen anderthalb und drei Jahren Freiheitsstrafe.