33 Frauen wegen Verteidigung der Istanbul-Konvention angeklagt
In Ankara sind 33 Frauen wegen einer Protestaktion gegen die geplante Annullierung der Istanbul-Konvention angeklagt worden. Den Beschuldigten drohen bis zu drei Jahren Haft.
In Ankara sind 33 Frauen wegen einer Protestaktion gegen die geplante Annullierung der Istanbul-Konvention angeklagt worden. Den Beschuldigten drohen bis zu drei Jahren Haft.
In Ankara sind 33 Frauen wegen einer Protestaktion gegen die Annullierung der Istanbul-Konvention angeklagt worden. Den Beschuldigten, darunter die Rechtsanwältinnen Arzu Kurt und Sevinç Hocaoğulları sowie die Journalistin Eylem Akdağ von der Nachrichtenagentur MA, drohen wegen „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ zwischen anderthalb und drei Jahren Freiheitsstrafe. Die erste Hauptverhandlung findet am 7. Juni in Ankara statt.
Vorgeworfen wird den Frauen eine Protestaktion im vergangenen August. Die Aktivistinnen hatten auf Aufruf der Frauenplattform Ankara eine Menschenkette gegen die von der türkischen Regierung angekündigte Annullierung der Istanbul-Konvention gebildet. Bereits im Vorfeld der Aktion wurde der Platz von der Polizei abgeriegelt. Als die Frauen sich als „Kette des Lebens“ in Bewegung setzen wollten, wurden sie von der Polizei aufgehalten. Es entstand eine angespannte Situation und die Polizisten wurden mit lila Farbe beworfen. Anschließend ging die Polizei zum Angriff über. Die Aktivistinnen wurden geschlagen und mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. 24 Frauen wurden festgenommen.
Hintergrund: Die Istanbul-Konvention
Gegen das Vorhaben der AKP/MHP-Regierung, die Ratifizierung der Istanbul-Konvention rückgängig zu machen, sind Frauen im vergangenen Jahr Sturm gelaufen. Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 vom Europarat als völkerrechtlicher Vertrag ausgefertigt und trat im Jahr 2014 in Kraft. Es gilt als Meilenstein im Kampf gegen patriarchale Gewalt und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen sowie die Präventions- und Hilfsangebote zu verbessern.
Die Türkei unterzeichnete als erstes Land die Konvention und ratifizierte den Vertrag 2012 im Parlament, doch in der Praxis werden die Rechtsnormen nicht angewandt. Weder werden die vorgesehenen Hilfsangebote und Schutzmaßnahmen für Frauen realisiert, noch wird beispielsweise das Gesetz Nr. 6284, das nach Angaben der AKP-Regierung als „Schutzmantel für Frauen“ wirken soll, effizient durchgesetzt. 2020 wurden nach Angaben der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen” 300 Femizide registriert, im ersten Monat dieses Jahres sind mindestens 23 Frauen von Männern ermordet worden.
Die Debatte über einen Austritt aus der Istanbuler Konvention ist in der Türkei noch nicht beendet. Regierungskreise behaupten, dass die Konvention traditionelle Werte untergrabe und Männer zu „Sündenböcken“ mache.